Gastkommentar: Warum die NPD verboten werden sollte
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Als die NPD am 4. September 2016 mit einem Ergebnis von drei Prozent deutlich den Wiedereinzug in den Landtag von in Mecklenburg-Vorpommern verpasste, war das Wasser auf die Mühlen vieler Kritiker des NPD-Verbots(verfahrens) – wie sollte eine Partei, die nicht einmal mehr in einem einzigen Länderparlament vertreten war, noch eine ernstzunehmende Gefahr für die Freiheitlich Demokratische Grundordnung (FDGO) darstellen, wie sie das Bundesverfassungsgericht besonders in seinen bisher einzigen Verbotsurteilen von 1952 und 1956 ausbuchstabiert hatte?
Dem braunen Sumpf das Wasser abgraben
Indes sind die Funktionäre der NPD nicht verschwunden – sie nutzen das Parteienprivileg, um in Kreistagen, Stadt- und Gemeindevertretungen, nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, weiter ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten. Und, wichtiger, durch ihre enge personelle Verflechtung mit der rechtsextremen Szene, mit Kameradschaften und ‚rechten‘ Vereinen, bleibt die NPD mit ihren Ressourcen, nicht zuletzt aus der staatlichen Parteienfinanzierung, weiter eine entscheidende Operationsbasis des Rechtsextremismus in Städten und Dörfern. Zugegeben, dieser rechtsextreme Sumpf würde mit einem Verbot der Partei nicht völlig trocken gelegt werden, aber ihm würde doch empfindlich das Wasser abgegraben.
Natürlich verschwindet mit einem NPD-Verbot nicht zugleich das rechtsextreme Gedankengut. Die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus in den Köpfen war schon bisher ein wichtiges Feld der zivilgesellschaftlichen Aktivitäten ‚gegen Rechts‘ – dafür stehen ja auch viele Programme des Bundes und der Länder zur Stärkung der demokratischen Kultur. Dieses Engagement wird mit einem Verbot der NPD nicht an Bedeutung verlieren, sondern noch gewinnen – das muss jedem klar sein. Wie weit dieses Gedankengut in unsere Gesellschaft eingesickert ist, wussten Experten schon lange vor Pegida und Co., die öffentlichen Auseinandersetzungen besonders der letzten zwei Jahre haben es nun allen noch einmal sehr deutlich vor Augen geführt. Da müssen wir konsequent weiter gegenhalten.
Demokratie ist an Werte gebunden
Ein NPD-Verbot könnte dabei so etwas wie eine Signalwirkung haben. In jüngster Zeit scheinen immer mehr Menschen Demokratie mit Beliebigkeit zu verwechseln: eine politische Position, sei sie auch noch so unmenschlich, scheint genauso viel zu gelten wie die andere; im politischen Streit scheint alles erlaubt. Die NPD hat über Jahre zu dieser Entgrenzung von Werten beigetragen. Bei meinen Gesprächen vor Ort höre ich viele, die sagen: „Das ist doch eine zugelassene Partei“. Die Schlussfolgerung: Dann ist das, was ihre Vertreter sagen, auch eine Meinung wie jede andere – nicht besser, nicht schlechter.
Dieser falschen Sichtweise würde man mit einem NPD-Verbot entschieden entgegentreten und deutlich zeigen, dass unsere Demokratie im Gegenteil nicht beliebig ist, sondern an ganz konkrete Werte gebunden. Zur individuellen Freiheit jedes Einzelnen gehört immer auch der Respekt vor der Freiheit des Anderen und die Solidarität mit Schwächeren, auch denen, die von außerhalb unseres Landes zu uns kommen. Zu Meinungsfreiheit und freiem Meinungsaustausch gehören untrennbar auch bestimmte Regeln der politischen Auseinandersetzung, ein respektvoller Umgang miteinander, eine demokratische politische Kultur.
Ganz oder gar nicht – NPD-Verbot bundesweit!
Mit einem NPD-Verbot würde unsere Demokratie ihre Wehrhaftigkeit klar unter Beweis stellen und in diesem Werte-Diskurs ein deutliches Ausrufezeichen setzen.
Es bleibt zu hoffen, dass wir zu einem bundesweiten Verbot kommen. Eine Begrenzung auf Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern wäre nicht nur eine Stigmatisierung, sondern auch strategisch ein großer Fehler. Der Nährboden und das Frustpotential mögen hier besonders lukrativ für Neonazis sein, Funktionäre und Spenden kommen aber auffällig häufig eher aus anderen Gebieten unserer Republik.
Warum auch das Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens keine Tragödie wäre, lesen Sie hier
ist Landtagsabgeordneter der SPD in Mecklenburg-Vorpommern und seit der jüngsten Landtagswahl auch parlamentarischer Staatssekretär für Vorpommern.