Gaspreise: Wie Scholz Uniper stützen und Haushalte entlasten will
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„You'll never walk alone“, so leitet Bundeskanzler Olaf Scholz am Freitagvormittag die Pressekonferenz ein, auf der er die Staatshilfen für den Energiekonzern Uniper verkündet. Niemand werde mit seinen Problemen alleine gelassen, interpretierte er das Zitat aus einem Lied. Das gelte für Bürger*innen, aber eben auch für Unternehmen, die aufgrund der aktuellen Situation betroffen sind. „Wir handeln gemeinsam“, so Scholz, „Wir werden alles erforderliche tun, was getan werden muss.“ Und, schiebt er mit Blick auf den kommenden Winter hinterher: „Wir werden es so lange tun, wie es erforderlich ist.“
Uniper ist Gasversorger für viele andere Unternehmen. Der Konzern hatte in der Vergangenheit auch immer Gas in Russland eingekauft, wie Scholz die Schieflage des Unternehmens erklärte. „Diese Lieferungen sind nicht mehr sicher.“ Das Resultat: Der Konzern musste zuletzt zusätzliches Gas auf dem globalen Markt einkaufen, aber zu vielfach höheren Preisen. Bisher konnte Uniper diese gestiegenen Preise aufgrund laufender Verträge nicht weitergeben, laut Medienberichten häuft der Konzern damit täglich neue Verluste in Millionenhöhe an.
Wie Uniper gerettet werden soll
Zur Rettung des Konzerns wird sich der deutsche Staat nun direkt mit rund 30 Prozent an Uniper beteiligen und ein entsprechendes Aktienpaket kaufen. Zusätzlich zu dem Aktienpaket der Bundesrepublik soll das Unternehmen mit weiteren Krediten von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gestützt werden. Insgesamt geht es um zusätzlich rund 7 Milliarden, mit den bisherigen Krediten im Umfang von 2 Milliarden steigt damit das Volumen auf 9 Milliarden.
Der Staat fungiert damit auch als Sicherheit, dass der Konzern solvent bleibt und seine vertraglichen Verpflichtungen weiterhin erfüllen kann. „Damit das Unternehmen in der Lage ist, alle notwendigen Entscheidungen zu treffen“, so Scholz am Freitag im Kanzleramt.
Steigende Gaspreise: Scholz verspricht Entlastung
Scholz stellte außerdem in Aussicht, dass Uniper den höheren Preis zu einem Großteil an seine Vertragspartner*innen weitergeben darf – das soll entweder ab September oder Oktober möglich sein. Diese Beträge dürften diese dann auch an Endverbraucher*innen weitergegeben, also auch Privathaushalte. „Das kann zu einer Erhöhung der Gaspreise führen“, erklärte Scholz am Freitag, das werde für die Haushalte auch spürbar sein. Die Rede ist laut Scholz von 200 bis 300 Euro für eine vierköpfige Familie. An anderer Stelle erinnerte er aber daran, dass niemand aktuell genau voraussagen könne, wie sich die Gaspreise in den kommenden Monaten entwickelten.
„Deswegen werden wir weitere Maßnahmen auf den Weg bringen“, erklärte Scholz weiter – und verkündete weitere Entlastungen vor allem für diejenigen, die durch diese Mehrausgaben besonders betroffen sein dürften. Über die Wohngeldreform sowie das kommende Bürgergeld sollen bedürftige Menschen ab kommenden Jahr stärker unterstützt werden. Scholz bekräftigte, dass beide Reformen zum 1. Januar definitiv in Kraft treten sollen.
Für Rentner*innen und Studierende brachte er außerdem Heizkostenzuschüsse und Energiepauschalen ins Spiel. „Die Einzelheiten dazu werden gerade diskutiert“, so Scholz. „Das ist das, was auf jeden Fall passieren wird“, ergänzte der Bundeskanzler, weitere Maßnahmen würden in der Konzertierten Aktion diskutiert werden. Die Runde aus Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften wird sich voraussichtlich im September erneut treffen.
Systemrelevante Schlüsselfigur auf dem Gasmarkt
Die direkte Unterstützung von Uniper hatte sich in den vergangenen Wochen bereits angedeutet. Der Konzern hatte vor einigen Tagen offiziell um staatliche Unterstützung gebeten. Uniper strauchelt aufgrund der extrem gestiegenen Energiekosten, die das Unternehmen aufgrund langfristiger Verträge nur bedingt direkt weitergeben kann. Der Konzern ist zentraler Baustein auf dem deutschen und internationalen Energiemarkt – Stadtwerke und andere Energieversorgungs-Unternehmen beziehen über Uniper fossile Energieträger wie Gas. Uniper wiederum kauft diese ein – unter anderem in Russland, musste zuletzt aber auch teureres Flüssiggas (LNG) am Markt aufkaufen, um seine Verbindlichkeiten einhalten zu können.
Uniper mit Sitz in Düsseldorf gehört mehrheitlich über den Anteilseigner „Fortum“ dem finnischen Staat. Der hat nun offenbar dem deutschen Rettungspaket zugestimmt. Der Einstieg der Bundesrepublik sichert dem Konzern voraussichtlich auch seine Bonität, sodass Uniper sich weiterhin Geld zu günstigen Konditionen am Kapitalmarkt leihen kann und damit auch seine Gas-Einkäufe weiterhin finanzieren kann.
Aufgrund der turbulenten Situation bei der Gasversorgung in Deutschland hatte die Bundesregierung bereits die zweite Stufe des Notfallplans Gas ausgerufen – die Alarmstufe. Die Stufe ist auch die Grundlage für die Entscheidung, dass Uniper die Preissteigerungen an seine Kund*innen weitergeben darf.