Inland

Gaspreisbremse: So hilft die Regierung Scholz den Bürger*innen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsident*innen haben am Mittwoch die Gas- und Strompreisbremse final geklärt. Die Runde einigte sich auch auf ein 49-Euro-Ticket im ÖPNV. Beim Wohngeld blieb der Bund gegenüber den Ländern hart.
von Lars Haferkamp · 3. November 2022
Einigkeit zwischen Bund und Ländern: Bundeskanzler Olaf Scholz (m.) begrüßt bei der Ministerpräsident*innenkonferenz am 02.11.2022 Ministerpräsident Stephan Weil (l.), im Hintergrund (v.l.n.r.) Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Ministerpräsident Daniel Günther
Einigkeit zwischen Bund und Ländern: Bundeskanzler Olaf Scholz (m.) begrüßt bei der Ministerpräsident*innenkonferenz am 02.11.2022 Ministerpräsident Stephan Weil (l.), im Hintergrund (v.l.n.r.) Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Ministerpräsident Daniel Günther

Nach wochenlangen Diskussionen gibt es nun eine Einigung: In Berlin haben sich am Mittwoch Bundeskanzler Olaf Scholz und die Regierungschef*innen der Bundesländer darüber verständigt, wie der Staat die Bürger*innen und Unternehmen angesichts massiv gestiegener Preise für Gas und Strom in den nächsten Monaten konkret unterstützt. Der Bund stellt dafür ein Sondervermögen in Höhe von 200 Milliarden Euro zur Verfügung.

Der Kanzler spricht angesichts der großen Summe von einem „Doppel-Wumms“. Damit spielt er auf den von ihm 2020 verwendeten Begriff „Wumms“ an, mit dem Scholz seinerzeit die rund 130 Milliarden Euro bezeichnete, mit denen er als damaliger Bundesfinanzminister das Land durch Corona-Krise führte. Hauptinstrumente der Hilfen sollen eine Gaspreisbremse und eine Strompreisbremse sein.

Die Gaspreisbremse

Für die Hilfen beim Gas hatte eine Expertenkommission einen Zwei-Stufen-Vorschlag vorgelegt. Nach der Einigung des Kanzlers mit den Regierungschef*innen wird es eine erste Entlastung bereits im Dezember geben. Hier wird mit einer Einmalzahlung der Monatsabschlag für Gas und Fernwärme übernommen werden.

Durch die Dezember-Hilfe will die Bundesregierung schnelle Hilfe sicherstellen. Denn die Gasrechnungen könnten sich in nächster Zeit verdoppeln oder sogar verdreifachen. Das bedeutet sowohl für Privathaushalte als auch für energieintensive Betriebe die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit. Insolvenzen will die Bundesregierung aber unbedingt verhindern. Das soll die erste Entlastung bereits im Dezember sicherstellen.

Dauerhafte Entlastung in 2023

Eine zweite Entlastung wird ab dem 1. März 2023 folgen. Dann wird eine dauerhafte Gaspreisbremse wirksam werden. Sie gilt bis April 2024 und wirkt für Gas und Fernwärme. Danach garantiert der Staat einen Gaspreis von 12 Cent pro Kilowattstunde, bei der Wärme von 9,5 Cent pro Kilowattstunde. Der Preis wird sich auf 80 Prozent des Verbrauches beziehen. Für die übrigen 20 Prozent werden die Marktpreise gelten. Damit wird ein Anreiz zum Gas sparen – trotz massiver staatlicher Hilfe – erhalten bleiben.

Eine Rückwirkung der Gaspreisbremse wird „zum 1. Februar 2023 angestrebt“, so der Beschluss von Kanzler und Regierungschef*innen. Für einen früheren Zeitpunkt sind besonders technische Schwierigkeiten im Zahlungsverkehr zu überwinden. So fehlen dem Staat oft schlicht die Kontodaten der Bürger*innen, so dass er ihnen Hilfszahlungen nicht direkt überweisen kann. Deshalb nutzt die Regierung für den Geldtransfer die Energieversorger, die über die Kontoverbindungen ihrer Kund*innen verfügen.

Die Strompreisbremse

Das zweite große Hilfsinstrument der Bundesregierung ist die Strompreisbremse. Sie wird bereits zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Genau wie bei der Gaspreisbremse wird auch die Strompreisbremse für 80 Prozent des Verbrauches gelten. Die restlichen 20 Prozent sind nach Marktpreisen zu bezahlen. Die Strompreisbremse deckelt die Kosten bis zu einem Brutto-Preis von 40 Cent je Kilowattstunde.

Die Härtefallregelung

Aus Mitteln des Wirtschaftsstabilisierungsfonds wird auch eine so genannte „Härtefallregelung“ eingerichtet. „Es sollen Hilfsprogramme finanziert werden für Bereiche, in denen trotz der Strom- und Gaspreisbremse finanzielle Belastungen bestehen, die von den Betroffenen nicht ausgeglichen werden können“, heißt es dazu im Beschluss von Kanzler und Regierungschef*innen. Hierfür stellt der Bund insgesamt 12 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Härtefallregelung sollen insbesondere auch für Krankenhäuser, Universitätskliniken und Pflegeeinrichtungen gelten, um sie bei den gestiegenen Energiekosten effektiv zu unterstützen.

Das 49-Euro-Ticket

Darüber hinaus haben der Kanzler und die Länderchef*innen „ein digitales, deutschlandweit gültiges Deutschlandticket für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu einem Einführungspreis von 49 Euro pro Monat im monatlich kündbaren Abonnement“ beschlossen. Es ist der Nachfolger des im Sommer 2022 deutschlandweit gültigen Neun-Euro-Tickets. Angestrebt wird die Einführung des Nachfolgetickets zum 1. Januar 2023. Hier einigten sich die Verhandler*innen auf eine gemeinsame Finanzierung. Laut Beschluss stellt der Bund für das Ticket ab 2023 jährlich 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung, die Bundesländer beteiligen sich an der Finanzierung in gleicher Höhe. Darüber hinaus stellt die Bundesregierung schon ab dem Jahr 2022 im Verkehrsbereich „zusätzliche Regionalisierungsmittel in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich zur Verfügung“.

Das Wohngeld

In der Runde des Kanzlers mit den Ministerpräsident*innen ging es auch um das Wohngeld für Bürger*innen. Es erhalten diejenigen, die zwar keine Sozialleistungen beziehen, aber dennoch zu wenig Geld für die Miete haben. Die Bundesregierung will den Anteil der Anspruchsberechtigten zum 1. Januar 2023 verdreifachen, um dann statt 600.000 rund zwei Millionen Haushalte unterstützen zu können. Das bedeutet dann aber auch eine Verdreifachung der Kosten. Bund und Länder teilen sich bisher die Finanzierung beim Wohngeld, so dass ab Januar auch auf die Länder mehr Kosten zukommen. „Bund und Länder finanzieren das Wohngeld auch weiterhin gemeinsam jeweils zu Hälfte“, heißt es nun im Beschluss. Damit sind die Länder mit ihrer Forderung gescheitert, sich die Kosten für das Wohngeld teilweise vom Bund erstatten zu lassen.

Die Hilfen für Geflüchtete

Schließlich ging es zwischen Kanzler und Länderregierungschef*innen auch noch um die Frage, wie die Finanzierung angesichts einer wachsenden Zahl von Geflüchteten in Deutschland gestaltet werden soll. Seit dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine im Februar 2022 sind zum Beispiel über eine Million Ukrainer*innen aus ihrem Heimatland in die Bundesrepublik geflüchtet. Aktuell steigen auch wieder deutlich die Zahlen der Geflüchteten über die Balkan-Route, viele von ihnen Syrer*innen und Afghan*innen. Die Kommunen fordern angesichts dieser großen Herausforderung die komplette Kostenübernahme für Unterbringung, Betreuung und Integration durch Bund und Länder. Ihnen kam die Bundesregierung deutlich entgegen. Laut Beschluss von Kanzler und Ministerpräsident*innen unterstützt der Bund Länder und Kommunen „im Bereich Flucht und Migration mit 1,5 Milliarden Euro zusätzlich in diesem Jahr und 2,75 Milliarden Euro im Jahre 2023“.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare