Inland

Gabriel in Heidenau: Keinen Millimeter dem rechten Mob

Die gewalttätigen Ausschreitungen von Neonazis in Heidenau zeigen einmal mehr, dass die Unterbringung von Flüchtlingen besser organisiert werden muss. SPD-Chef Sigmar Gabriel besuchte den Ort der Krawalle und wählte klare Worte.
von Robert Kiesel · 24. August 2015
Gabriel in Heidenau
Gabriel in Heidenau

Ralf Wätzig ist Kummer gewohnt. Als Vorsitzender der SPD im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge kämpft er mit der rechtsextremen NPD sprichwörtlich auf Augenhöhe. 8,7 Prozent der abgegebenen Stimmen holte diese im Kreis bei der Landtagswahl 2014, die SPD landete bei 9,9 Prozent. Vermintes Gelände also, verwaltet ausgerechnet durch eine in Sachsen besonders weit rechts stehende CDU.

Entsetzen über die Krawalle in Heidenau

Mit Blick auf die gewalttätige Krawalle in Heidenau, einer knapp 15000-Einwohner-Stadt des Landkreises, sagt Wätzig dennoch: „Ich bin entsetzt. Entsetzt darüber, dass so viele Menschen an einer von der NPD angemeldeten Demo teilnehmen. Entsetzt über das, was dann passiert ist.“ Auf die zwischen Flüchtlingen und Randalierern postierten Polizisten fliegende Flaschen, Steine und Feuerwerkskörper, Straßenkampf, all das hatte Wätzig so nicht erwartet.

„Überrascht hat es mich aber auch wieder nicht“, schränkt Wätzig ein. Das hohe rechtsextreme Potenzial, einige Jahre lang „ruhig gestellt“ durch die 2014 aus dem Landtag gedrängte NPD, es habe sich irgendwann wieder zeigen müssen. „Die Aggressivität war deutlich spürbar“, so Wätzigs Eindruck von jüngeren Kundgebungen und Demonstrationen der oft als „Asylkritiker“ verniedlichten Fremdenfeinde. Allein der „letzte Funke“ habe gefehlt, so Wätzig, zumindest bislang.

Keinen Millimeter dem rechtsradikalen Mob

Seit dem Ausbruch vom vergangenen Wochenende hat Wätzig alle Hände voll zu tun. Am Montag besuchte Sigmar Gabriel Heidenau, kam mit Einwohnern ins Gespräch, machte sich ein Bild von der Lage der dort untergebrachten Flüchtlinge. Im Anschluss erklärte der SPD-Chef: „Wir dürfen diesem rechtsradikalen Mob keinen Millimeter Platz lassen. Das sind Leute, die mit Deutschland nichts zu tun haben, die undeutschesten Typen, die ich mit vorstellen kann.“ Ihnen und nicht den hilfesuchenden Flüchtlingen müsse klargemacht werden, dass sie hierzulande nicht willkommen seien, so Gabriel. Die „Mitte der Gesellschaft“ müsse sich dem gewalttätigen rechten Rand entgegen stellen.

Klare Worte, die neben Ralf Wätzig auch Susann Rüthrich, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Meißen, begrüßt. „Die Angreifer sind diejenigen, die nicht zu uns gehören“, so Rüthrich. Viel zu oft blieben sie jedoch die netten Nachbarn von nebenan. Wie zuvor Gabriel forderte Rüthrich eine Art gesellschaftliche Ächtung ausländerfeindlicher Gewalt.

Gabriel: Bund soll Kommunen stärker unterstützen

Zustimmung erntet Gabriel auch mit seiner Forderung nach einer deutlichen Kompetenzsteigerung des Bundes in der Flüchtlingspolitik. „Wir müssen die Städte und Gemeinden entlasten, das ist eine gemeinschaftliche Aufgabe“, hatte Gabriel erklärt. Wätzig pflichtete ihm bei: „Die Übernahme der Asyl-Finanzierung durch den Bund würde den derzeit enormen Druck auf die Landkreise senken.“ Im Bereich der Unterkunftssuche habe sich mittlerweile „eine Art Markt entwickelt“, so Wätzig weiter. Von stetig steigenden Flüchtlingszahlen getriebene Landkreise könnten von Natur aus keine gute Verhandlungsposition einnehmen.

Weil sich Vorurteile mit Geld nicht bekämpfen lassen, forderte Wätzig außerdem eine bessere Kommunikation und Information. „Wenn Bürgermeister aus der Zeitung davon erfahren, dass in ihrem Ort eine Erstaufnahmeeinrichtung geplant ist, dann läuft was schief“, so Wätzig. Neben anderen sei Information das wesentliche Puzzleteil, um für Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung zu werben.

 

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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