Inland

Fußballfans schießen scharf gegen Boris Pistorius

Mit harschen Worten schlägt ein Teil der Fußballanhänger die Einladung zu einem Fangipfel des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius aus. Der weist die Kritik zurück und überrascht in Sachen Pyrotechnik mit einem Angebot.
von Robert Kiesel · 15. Juni 2017
Porträt des niedersächsichen Innenministers Boris Pistorius
Porträt des niedersächsichen Innenministers Boris Pistorius

Eigentlich ist es ein Steilpass: Unter dem Titel „ Wem gehört der Fußball? – Das Stadion spricht!“ will Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius am 10. August mit Fans der fünf Profiklubs seines Bundeslandes über das Thema Fankultur sprechen. Kurz nach Bekanntwerden des Termins wies ein gewichtiger Teil des Stadions diese Einladung jedoch brüsk von sich. Als „Showveranstaltung“ bezeichneten die im Bündnis „ProFans“ organisierten Fußballanhänger den Vorstoß. Sie lehnen es ab, auf „Kosten der Fankultur den Steigbügelhalter für eine Kandidatur zum Bundesinnenminister für Herrn Pistorius zu mimen“, heißt es in einer Erklärung.

Boris Pistorius: Feindbild der Fußballfans

Seine harsche Reaktion begründet „ProFans“ mit Ereignissen der vergangenen Jahre. Der Ausschluss von Gästefans beim Duell des VfL Osnabrück gegen den SC Preussen Münster in der Saison 2015/2016 sowie eine – später vom Gericht gekippte - „Buszwangregelung“ für anreisende Fans von Hannover 96 beim Gastsspiel ihres Klubs bei Eintracht Braunschweig in der Saison 2013/2014 liegen ihren Vertretern offenbar schwer im Magen. Beide Maßnahmen offenbarten „mehr als deutlich das Rechtsverständnis des Boris Pistorius, sowie seine generell sehr kurzsichtige Auffassung, mit Verboten Lösungen zu erzwingen“, so „ProFans“ weiter.

Möglich, dass sich ein Teil der Anhänger auch durch die jüngsten Äußerungen von Pistorius im Nachgang der Ausschreitungen am Rande der Zweitliga-Relegationsspiele in München und Braunschweig provoziert fühlt. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland hatte Pistorius von einer Politik der „maximalen Abschreckung“ gesprochen. Sollte sich die Gewalt in den Stadien fortsetzen, „muss man auch über personalisierte Tickets nachdenken oder über Stadien ohne Stehplätze“, so der Minister. „Pyrotechnik ist strafbar, Ende!“, wird Pistorius zitiert. Eine Aussage, die insbesondere Vertreter der Ultras auf den Nerv getroffen haben dürfte. Sie kämpfen seit Jahren unter dem Motto „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“ deutschlandweit gegen ein Verbot des Abrennens von Feuerwerkskörpern im Stadion.

Kritik an den Ultras

Pistorius, der den „Niedersächsischen Fankongress“ als Plattform sieht, um über „Kommerzialisierung und Eventisierung des Fußballs zu reden“, verteidigt sein Anliegen. „Durch die Berichterstattung ist der Eindruck erweckt worden, es ginge mir vor allem darum, Sanktionen zu verhängen. Das stimmt nicht. Ich will weder leere Kurven im Stadion noch will ich reine Sitzplatzstadien“, so der SPD-Politiker im Gespräch mit vorwärts.de.

Statt über Gewalt und Sanktionen wolle er die Frage diskutieren, wem der Fußball gehört. „Derzeit haben wir eine merkwürdige Diskussion in den Stadien und drumherum. Auf der einen Seite gibt es die überwiegende Zahl der Fans wie mich, die seit 30 Jahren ins Stadion gehen und nach dem Spiel friedlich mit ihren Kindern oder ihrer Frau nach hause wollen. Dann gibt es Teile der Ultras, die zunehmend für sich in Anspruch nehmen zu definieren, was guter und ehrlicher Fußball ist und die Kommerzialisierung ablehnen“, so Pistorius. Letzteren wirft er vor, die Diskussion für Dinge zu instrumentalisieren, „die wir einfach nicht zulassen dürfen.“

Pyrotechnik: Kontrollierte Abrennbereiche nicht ausgeschlossen

Überraschend: Während Pistorius bei Gewalt im Stadion und zuletzt vermehrt aufgetauchten Parolen wie „Krieg dem DFB“ auf Härte setzt, deutet er beim Thema Pyrotechnik Gesprächsbereitschaft an: „Ich bin bereit darüber nachzudenken, kontrollierte Abbrennbereiche zu schaffen, wenn das gewünscht ist“, so Pistorius.

Ob „ProFans“ und andere Fußballanhänger dazu bereit sind, wird sich zeigen. Denn wie heißt es so schön im Fußball: Der Spielball liegt nun in ihrer Hälfte.

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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