Vertreter von LobbyControl stellten am Dienstag in Berlin ihren Lobbyreport 2013 vor. Der Geschäftsführer der Organisation Ulrich Müller und die Autoren Christina Deckwirth und Timo Lange zogen darin eine schlechte Bilanz der amtierenden schwarz-gelben Bundesregierung. Offen blieb, was Lobbyismus überhaupt auszeichnet.
„Die Bilanz ist vernichtend“, fasst Ulrich Müller die Arbeit der derzeitigen Bundesregierung zusammen. Es habe keine Fortschritte gegeben, um Verkehrsregeln zwischen Politik und Lobbyisten zu definieren. Müller kündigt mit Blick auf künftige Bundesregierungen an, LobbyControl werde in Zukunft „alle vier Jahre Bilanz ziehen“.
Fliegender Wechsel in die Wirtschaft
Ein Problem sei „der lukrative Gang durch die Drehtür“, also der Wechsel von einem politischen Amt in die Privatwirtschaft, beklagt Christina Deckwirth. Ehemalige Spitzenpolitiker würden bei ihrem Weggang wertvolles Insider-Wissen und politischen Einfluss mitnehmen. Der für Ende 2013 angekündigte Wechsel des CDU-Staatsministers Eckhart von Klaeden zur Daimler AG sei nur ein Beispiel für eine verbreitete Praxis. LobbyControl mache sich deshalb für die Einführung einer Sperrfrist stark, die einen fliegenden Wechsel für drei Jahre verbietet, sagt Deckwirth. Entsprechende Anträge der rot-rot-grünen Opposition seien 2012 im Bundestag niedergestimmt worden.
Parteispenden
Affären wie die der Mövenpickspende an die FDP 2008/9 hätten deutlich gemacht, wie lax die derzeitige Regelung zur Veröffentlichungspflicht sei, kommentiert Deckwirth. Es gebe keine absolute Obergrenze für Einzelspenden. Zudem müssten Spenden unter 10.000€ gar nicht, solche unter 50.00€ zumindest nicht sofort öffentlich gemacht werden. Hier sei die schwarz-gelbe Koalition ebenso wenig in Aktion getreten, so die Autorin des Berichts.
Lobbyregister
Lobbyorganisationen seien selbst Politikern oft nicht als solche bekannt. Timo Lange ruft den Fall des Aktionsbündnis „meine Wahl!“ in Erinnerung. Dieses hätte sich als Betroffenen- und Patientenbündnis getarnt, habe sich aber später als verlängerter Arm des Bundesverbands Medizintechnik herausgestellt. Wir müssten „verstehen, wer für welche Interessen arbeitet“ und bräuchten darum ein Lobbyregister. Die aus den 70ern stammende Verbändeliste sei dagegen veraltet, sagt Lange. Auch hier habe die Koalition jede Reform blockiert.
Antikorruptionsgesetz
In Deutschland gebe es kein wirksames Antikorruptionsgesetz, womit Abgeordnetenbestechung weitgehend straffrei sei, fasst der Autor zusammen. Damit könne auch die 2003 von rot-grün unterzeichnete „UN-Konvention gegen Korruption in Deutschland nicht umgesetzt werden“. Die aktuelle Regierung scheine hier zu einer „Verschleppungstaktik“ Zuflucht genommen zu haben und verzögere eine Abstimmung im Bundestag, so Lange.
Nebeneinkünfte
Bei den Nebeneinkünften sehe es nur wenig besser aus, so Lange. Nach der heftigen Debatte um die Vortragshonorare von Peer Steinbrück habe die Koalition dem Druck nachgegeben und die Offenlegungspflicht in gewisser Weise verschärft. Ihm zufolge „bleibt für den nächsten Bundestag trotzdem noch viel zu tun“. LobbyControl fordere die Cent-genaue Veröffentlichung jedes Honorars.
Lobbyismus oder Interessenvertretung?
Leider „ist es immer noch möglich, gleichzeitig Abgeordneter und Lobbyist zu sein“, erklärt Lange. Die Diskussion mit den anwesenden Journalisten darum, ob Gewerkschaftsfunktionäre oder Greenpeaceaktivisten im Bundestag auch als Lobbyisten zu bezeichnen seien, macht die Unschärfe der Kennzeichnungen deutlich. „Die öffentliche Debatte“, auf die sich Lange bezieht, setzt sich kritisch mit der Verflechtung von Politik und Wirtschaft auseinander. Sie lässt aber im Unklaren, wie legitime Interessendurchsetzung einerseits und Lobbyismus andererseits zu unterscheiden sind.