Colin Crouch ist der diesjährige Gewinner des Preises „Das politische Buch“ der Friedrich-Ebert-Stiftung. Nicht nur mit der Schrift „Das befremdliche Überleben des Neoliberalismus“ überzeugte er die Jury – der mit 10.000 Euro dotierte Preis steht für mehr. Der Politikwissenschaftler wird auch dafür geehrt, dass er die Debatte der Postdemokratie ins Rollen gebracht hat.
„Er ist ein Sozialdemokrat, der an die Kraft der Aufklärung glaubt“, sagt Sigmar Gabriel und findet positive Worte. Denn es ist ein wichtiges Thema unserer Zeit, das Crouch behandelt. Einfluss und Macht der Märkte sind so stark, dass sie in der Lage sind, die Politik zu unterwandern – zum Nachteil der Bürger. Einheimische Firmen sind dem Druck internationaler Konkurrenz ausgesetzt, Entscheidungen trifft das Kapital. Lohn- und Sozialabbau sind die Perversion einer guten Idee.
Wert der Arbeit
„Als die Arbeiterbewegung gegründet wurde, ging es darum, den Arbeiter zu organisieren“, erinnerte Gabriel. Die einzige Seite aber, die nun tatsächlich global organisiert ist, ist die des Kapitals.“ Und das, obwohl „neoliberale Ideologien doch selbst bei Konservativen als asozial gelten“.
Für die Lösung dieser Probleme hält der SPD-Chef wichtige Ansätze bereit. Man müsse bei den Parteien beginnen, da diese „nicht die Erwartung einer demokratischen Politik erfüllen“. Dies führe dazu, dass ein Teil der Wähler nicht daran glaube, schlechte Arbeitsbedingungen ändern zu können. Zum Schluss seiner Rede bedeutet Gabriel, dass der Neoliberalismus am Ende sei. „Dies ist die Chance der Sozialdemokratie, ihre liberalen Wurzeln neu zu entdecken.“
Verbindung stärken
„Einen Politiker zu finden, der zwei meiner Bücher gelesen hat, war schwierig“, eröffnet Colin Crouch seine Rede, während das Publikum sichtlich amüsiert ist. „Es gab einen in England, der hatte eines gelesen – aber der ist jetzt tot.“ Schallendes Gelächter. Das Thema, dessen Problematik im Saal fühlbar ist, untermalt er mit Humor.
Um es zu erklären muss man „das Thema vereinfachen, aber nicht zu sehr“ sagt er und bringt ein Beispiel. „Nahezu alle Formen des Journalismus werden immer mehr auf Werbung angepasst.“ Hierbei sei erkennbar, „wie schwer es ist, gegen die Macht der Finanzmärkte anzugehen“. Um etwas zu ändern, müsse „die Verbindung zwischen Staat und Gesellschaft gestärkt werden. Je stärker die Verbindung, desto stärker die Demokratie.“
Colin Crouch will weiter dafür arbeiten. Diesen Eindruck gewinnt man am Ende seiner Rede. Mit einem Schmunzeln und schweifendem Blick ins Publikum sagt er noch: „Man schreibt solche Bücher ja, um Menschen zu ermutigen, etwas anders zu machen. Ich hoffe, dass ich etwas erreichen kann."