Die DGB-Jugend fordert eine Ausbildungsplatzgarantie. Nur so lässt sich verhindern, dass immer mehr junge Menschen abgehängt werden, sagt die DGB-Bezirksjugendsekretärin Kerstin Pätzold.
vorwärts: Im DGB-Ausbildungsreport 2013 wird von der Entstehung einer jugendlichen Zwei-Klassen-Gesellschaft gesprochen. Wie sieht die Zwei-Klassen-Gesellschaft aus?
Die Chancen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, sind sehr ungleich verteilt. Für junge Menschen mit Abitur und gutem Abschlusszeugnis ist es wegen des demografischen Wandels einfacher als noch vor wenigen Jahren, einen Ausbildungsplatz zu finden, der ihren Wünschen entspricht. Dagegen haben junge Menschen, die nicht ganz so gute Voraussetzungen mitbringen, deutlich erschwerte Startbedingungen. Dies betrifft zum Beispiel Haupt- und Realschüler oder Menschen mit ausländischen Wurzeln.
Zwar ist in den letzten Jahren die Zahl der Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, zurückgegangen. Aber es werden nach wie vor zu wenige Ausbildungsplätze angeboten. Deshalb ist die Zahl der jungen Menschen ohne Ausbildungsplatz im Vergleich zu letztem Jahr gestiegen. Und zwar sowohl niedersachsen-, als auch bundesweit.
Welche Nachteile hat eine Zwei-Klassen-Gesellschaft für die jungen Auszubildenden?
Es ist Besorgnis erregend, wenn immer mehr junge Menschen abgehängt werden. Eine gute Ausbildung ist Grundlage für einen guten Start ins Arbeitsleben. Wer keine Möglichkeit hat, eine gute Berufsausbildung abzuschließen, hat es schwerer, eine gut bezahlte Arbeit zu finden. Wir appellieren an die Arbeitgeber, auch vermeintlich schwächeren Bewerberinnen und Bewerbern eine Chance zu geben.
Was kann der DGB dagegen unternehmen?
Für uns als DGB und DGB-Jugend ist der Einsatz für gute Ausbildungsbedingungen für alle jungen Menschen ein ständiger Teil unserer Arbeit. Nicht ohne Grund fordern wir eine Ausbildungsplatzgarantie. Junge Menschen, die trotz zahlreicher Bewerbungen keinen betrieblichen Ausbildungsplatz erhalten haben, sollten spätestens sechs Monate nach Beginn des Ausbildungsjahres eine Ausbildung angeboten bekommen.
Priorität muss dabei die Vermittlung in einen betrieblichen Ausbildungsplatz sein. Wo dies nicht möglich ist, müssen außerbetriebliche Ausbildungsstellen zur Verfügung gestellt werden, die einen engen betrieblichen Anschluss gewährleisten. In regelmäßigen Abständen muss überprüft werden, ob der Übergang in eine betriebliche Ausbildung möglich ist. Warteschleifen, die nicht zu einem qualifizierten Berufsabschluss führen, müssen abgeschafft werden.
Es ist an der Politik und an den Unternehmen, Rahmenbedingungen zu schaffen, um diese Ausbildungsplatzgarantie umzusetzen. Teilweise gibt es den politischen Willen dazu, aber es geht nicht wirklich voran. In Niedersachsen beispielsweise hat die neue rot-grüne Landesregierung die Ausbildungsgarantie in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Aber leider ist noch nichts Konkretes umgesetzt.
Auf der Bundesjugendkonferenz am Wochenende werden über 258 Anträge gestellt. Wo setzt die DGB-Jugend inhaltliche Akzente?
Letztendlich entscheiden natürlich die Delegierten. Aber wir werden zentrale Themen der Gewerkschaftsjugend diskutieren. Dazu gehören ganz klar gute Bildungsmöglichkeiten, ob in Schule, Ausbildung oder im Studium. Bildung ist ein Menschenrecht und muss allen offen stehen, unabhängig von der Herkunft und individuellen materiellen Möglichkeiten.
Außerdem sind uns gute Arbeitsbedingungen ein großes Anliegen. Sie sind die Basis für ein gutes Leben. Denn Arbeit nimmt einen großen Teil unseres Lebens ein und ist Voraussetzung dafür, wie wir an der Gesellschaft teilhaben können.
Wir wollen aber auch ein klares Statement gegen Nazis und für antirassistische Arbeit abgeben. Der Kampf für eine demokratische Welt, gegen jegliche Form von Ausbeutung und Unterdrückung ist deshalb ebenfalls Thema der Konferenz.
Die SPD und der DGB können auf eine lange Zusammenarbeit zurückblicken. Wie beurteilen Sie die Verbindung zwischen den Sozialdemokraten und den Gewerkschaften heute?
Als DGB sind wir neutral und parteiunabhängig. Wichtig ist uns, dass die Parteien arbeitnehmerfreundliche Politik umsetzen. Die Agenda 2010 hat das Verhältnis von Sozialdemokraten und Gewerkschaften in der Vergangenheit stark belastet. Es wird jetzt darauf ankommen, wie die SPD ganz konkret Politik gestaltet, sei es in den Bundesländern oder womöglich in einer Großen Koalition auf Bundesebene. Wichtig ist uns Gewerkschaften zum Beispiel die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes von 8,50 Euro, daran wird sich die SPD messen lassen müssen.
Gibt es gemeinsame Projekte von DGB-Jugend und den Jusos?
Vor Ort und zu konkreten politischen Anliegen arbeiten wir oft im Rahmen breiterer Bündnisse mit anderen Gruppen und Organisationen zusammen. Zum Beispiel im Kampf gegen Nazis oder für die Abschaffung von Studiengebühren. Meist sind neben der Gewerkschaftsjugend und den Jusos auch andere Jugendverbände und Jugendorganisationen beteiligt.
Kerstin Pätzold ist die DGB-Jugendsekretärin der Länder Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt.