Inland

Freundschaftsdienste unter Korruptionsverdacht

von Lothar Pollähne · 22. Januar 2014

Christian Wulffs Ex-Sprecher Olaf Glaeseker  blieb in seinen Aussagen vor dem Landgericht Hannover sehr reserviert.

Das hätte nach den Erwartungen vieler Beobachter der Tag des Olaf Glaeseker werden sollen. Immerhin hatte der Anfang Januar im “Spiegel”-Interview wenig Positives über seinen Ex-Chef Christian Wulff gesagt, und die Staatsanwaltschaft hatte von dem Zeugen Glaeseker Enthüllendes erwartet. Leider leidet offenbar auch Wulffs ehemaliger Sprecher unter den selben Ausfallerscheinungen wie der Ex-Präsident: Glaeseker konnte sich an ganz viele Dinge nicht erinnern. E-Mails, Telefonate oder persönliche Begegnungen hat Glaeseker nach der Devise “weg ist weg” behandelt. Klar ist immerhin, dass Christian Wulff und David Groenewold Freunde sind, dass Groenewold und Glaeseker ebenfalls befreundet sind, und dass Glaeseker und Wulff einmal „ziemlich beste Freunde“ waren. Davon war im Gerichtssaal nichts mehr zu spüren.

Keine Blicke für Christian Wulff

Das wurde auch atmosphärisch deutlich, denn als Richter Frank Rosenow die Verhandlung nach einer halbstündigen Pause wieder aufnahm, betrat Christian Wulff den Gerichtssaal in Begleitung seiner beiden Anwälte leicht gebeugt mit zusammengezogenen Schultern und grauem Gesicht. Offenbar hatte auch Wulff hohe – und das heißt bei ihm schlimme – Erwartungen. Das schien sich auch zu Beginn des Sitzungsabschnitts zu bestätigen, denn während Glaeseker seinem Freund David Groenewold freundlich zulächelte, würdigte er Christian Wulff keines Blickes. Auch als er zur Einsichtnahme eines Dokuments an den Richtertisch treten musste, drehte sich Glaeseker nicht zu Wulff um.

Ungereimtes um einen Bettelbrief

Für einige Aufregung hatte zu Beginn des Sitzungstages David Groenewolds ehemalige Sekretärin gesorgt. Die entwarf auf Fragen des Gerichts ein lobbyistisches Geflecht im Zusammenhang mit der Finanzierung des Filmes „John Rabe“, den Groenewolds Filmfirma „Odeon-Film“ produziert hatte. Nach den Aussagen hatte sich Odeon-Film übernommen und war in finanzielle Schieflage geraten. Groenewold, so die Ex-Sekretärin, habe Christian Wulff per E-Mail gebeten, den Ex-Siemens-Vorstand Peter Löscher wegen einer Finanzierung von Werbemaßnahmen für den John-Rabe-Film anzusprechen. Dem widersprachen Groenewolds Anwälte in einer verlesenen Erklärung. Die Sekretärin allerdings beharrte auf ihrer Darstellung und erklärte, das Ganze sei so wichtig, „Groenewold hätte mir den Kopf abgerissen“, wenn das Schreiben nicht an Christian Wulff rausgegangen wäre. Zumindest zu diesem Zeitpunkt konnte sich Wulff relativ entspannt zurücklegen.

Eine Oktoberfestsause unter Freunden

Von den ganzen Umständen der Mittel-Akquise für den John-Rabe-Film will Olaf Glaeseker nichts gewusst haben. Den Namen Rabe habe er das erste Mal während einer Reise nach Indien und China im Oktober 2008 gehört und überhaupt habe es für solche Fragen in der Staatskanzlei eine Medienabteilung gegeben. Auch zum Thema Oktoberfest und den Modalitäten der Bezahlung von Hotel-Rechnungen konnte Olaf Glaeseker nichts beitragen. Er sei mit seiner Frau zwar ebenfalls eingeladen gewesen, habe aber krankheitshalber absagen müssen. Überdies habe er lange vor dem geplanten Besuch das von David Groenewold reservierte Zimmer im Bayrischen Hof abbestellt und eine günstigere Bleibe gesucht. So ist der Korruptionsverdacht elegant im Freundschaftsgeflecht Groenewold/ Wulff hängen geblieben.

Die Staatsanwaltschaft wird erheblich nachlegen müssen, denn Richter Rosenow hat nur noch drei weitere Verhandlungstage in Aussicht gestellt und hofft nun, am 27. Februar 2014 das Urteil sprechen zu können.

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Lothar Pollähne

ist Journalist und stellvertretender Bezirksbürgermeister in Hannover.

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