Inland

„Freundschaften fürs Leben“

von Vanessa Jasmin Lemke · 29. Oktober 2013

Heute vor 50 Jahren nahm das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) seine Arbeit auf. Der Austausch junger Menschen bleibt hochaktuell, sagt Caren Marks, Bundestagsabgeordnete und stellvertretendes Mitglied im Verwaltungsrat des DFJW. Im Interview spricht sie über persönliche Erfahrungen und neue Herausforderungen.

vorwärts.de: Wann waren Sie das erste Mal in Frankreich?

Das erste Mal habe ich Frankreich mit 18 Jahren erkundet. Ich war mit dem Fahrrad in verschiedenen Regionen unterwegs, ein Höhepunkt dieser Tour war die Atlantikküste. Seitdem hat es mich immer wieder – beruflich und privat – in dieses Land gezogen.

Sie sitzen als Vertreterin des Bundestags als stellvertretendes Mitglied im Verwaltungsrat des Deutsch-Französischen Jugendwerks. Was sind Ihre Aufgaben?

Der Verwaltungsrat beschließt zum Beispiel die Programme und den Haushalt des Jugendwerks und billigt den Jahresbericht des Generalsekretariats. Die Mitglieder nehmen also Einfluss auf die Ausrichtung des Jugendwerks und auf die Finanzen.

Seit 50 Jahren organisiert das DFJW Jugendaustausche zwischen beiden Ländern. Wie hat sich die Beziehung in dieser Zeit verändert?

Seit 1963 haben rund acht Millionen Menschen aus Deutschland und Frankreich an rund 300 000 Austauschprogrammen und Begegnungen teilgenommen. Die Nachfrage hat über die Jahre zugenommen. Diese beeindruckenden Zahlen machen deutlich, dass der deutsch-französische Austausch nicht mehr wegzudenken ist. Menschen beider Staaten gehen heute offen aufeinander zu, knüpfen Kontakte und schließen Freundschaften. Sie lernen die Sprache des jeweiligen Partnerlandes. Wir dürfen nicht vergessen, dass dies vor 50 Jahren aufgrund der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands und des Zweiten Weltkriegs alles andere als selbstverständlich war. Wichtig war in den 1990er Jahren, dass das Deutsch-Französische Jugendwerk die Beziehungen zu mittel- und osteuropäischen Staaten intensiviert hat. Ein Positivbeispiel ist der deutsch-französisch-polnische Jugendaustausch.

Sie haben es angesprochen: Das DFJW wurde auch als Reaktion auf die Schrecken des Zweiten Weltkriegs gegründet. Hat es sich fast 70 Jahre nach Kriegsende nicht überlebt?

Das Deutsch-Französische Jugendwerk muss es auch in Zukunft geben. Die wichtige Idee, dass sich junge Menschen grenzüberschreitend austauschen und voneinander lernen, ist in einem zusammengewachsenen Europa wichtiger denn je. Kinder und Jugendliche erlernen nicht nur die Sprache des Nachbarlandes, sondern sie erwerben vielfältige Kompetenzen und knüpfen nicht selten Freundschaften fürs Leben. Diese Erfahrungen sind prägend für den weiteren Lebensweg.

Die Zahl an Schülern, die Französisch lernen, ist seit Jahren rückläufig. Woran liegt das?

Spanisch löst zunehmend Französisch als zweite Fremdsprache ab. Englisch ist ohnehin für die meisten jungen Menschen unabdingbar. Das hängt sicherlich auch mit der weltweiten Verbreitung dieser beiden Sprachen zusammen. Französisch ist aber auch wichtig: Es ist die am dritthäufigsten gelernte Fremdsprache Europas und in der EU eine Amtssprache. In vielen afrikanischen Ländern wird  Französisch gesprochen. Daher empfehle ich allen Schülerinnen und Schülern, Französisch in der Schule eine echte Chance zu geben. Ich habe Französisch als zweite Fremdsprache gewählt und würde mich immer wieder so entscheiden.

Ein Jubiläum ist auch ein Anlass, in die Zukunft zu blicken. Was plant das DFJW für die kommenden Jahre?

Die aktuelle Strategie des DFJW hat drei Ziele: traditionelle Zielgruppen an sich zu binden, neue Teilnehmergruppen zu gewinnen und den Bekanntheitsgrad der Organisation zu erhöhen. Als Sozialdemokratin ist mir besonders wichtig, noch mehr Jugendliche mit Benachteiligungen an den internationalen Jugendaustausch heranzuführen. Gerade in einem Europa, das derzeit eine tiefgreifende Finanzkrise durchmacht und eine hohe Jugendarbeitslosigkeit aufweist, ist der Austausch junger Menschen über Grenzen hinweg besonders wichtig. Diese Themen fordern den deutsch-französischen Jugendaustausch aktuell und in den kommenden Jahren heraus.

Schlagwörter
Autor*in
Vanessa Jasmin Lemke

war Praktikantin beim vorwärts (2013).

0 Kommentare
Noch keine Kommentare