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Frauenministerium: 30 Jahre Gegenwind beim Thema Gleichberechtigung

Gleichberechtigung passiert nicht einfach, Gleichberechtigung muss erkämpft werden. Das geht nicht ohne Gegenwind, sagt Bundesministerin Manuela Schwesig zum 30. Geburtstag des Frauenministeriums. Aktuell kämpft Schwesig für die Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen.
von · 6. Juli 2016
Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig fordert gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig fordert gleichen Lohn für gleiche Arbeit.

Regen, Regen, Regen – so hatten es die allwissenden Wetter-Apps angekündigt. Stattdessen: Sonne, Sonne, Sonne. Passend zum 30-jährigen Geburtstag des Bundesfrauenministeriums zeigte sich Berlin von seiner schönsten Seite.

30 Jahre, das will gefeiert werden. Und so lud Manuela Schwesig am Dienstagabend zur großen Geburtstagsparty in ihr Ministerium ein. Rita Süssmuth war es, die 1986 den Begriff „Frauen“ in den Namen des damals von ihr geleiteten Ministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit aufnahm – sie wurde zu Deutschlands erster offizieller Frauenministerin. Ihr folgten, inklusive Schwesig, bis heute neun Ministerinnen. Von denen waren viele, darunter Renate Schmidt, Kristina Schröder und Angela Merkel, Schwesigs Geburtstagseinladung gefolgt. Genauso wie u.a. auch die Journalistin Dunja Hayali und die Verfassungsrichterin Susanne Baer.

Gegenwind beim Thema Gleichberechtigung

Schwesig selbst musste beim Betreten der Bühne dann erstmal mit starkem Gegenwind kämpfen. Macht nichts, so gutgelaunt die Ministerin, Gegenwind sei sie als Politikerin ja gewöhnt. Umso mehr, wenn es um das Thema Gleichberechtigung gehe. Das bekommt Schwesig seit 2013 zu spüren, so wie ihre Vorgängerinnen in den 30 Jahren davor. „Der 30. Geburtstag. Da hat man doch schon etwas erreicht, auf das man stolz sein kann. Es liegt aber auch noch viel vor einem“, sagte Schwesig. Sie bedankte sich bei ihren Vorgängerinnen für deren Arbeit, erinnerte an ihre Erfolge und wies auf erfolgreiche Initiativen der letzten Jahre hin: das Gesetz über die Frauenquote, die anstehende Verschärfung des Sexualstrafrechts. Letzteres zeige, wie viel gelingen könne „wenn Frauen sich über Parteigrenzen hinweg und mit modernen Männern verbünden.“

Es sei zwar schon viel gelungen, so Schwesig, aber es bleibe auch noch viel zu tun. Das Grundgesetz habe die Gleichberechtigung von Mann und Frau verankert, Aufgabe der Politik sei es nun, diese auch Lebensrealität werden zu lassen. Und da hapere es noch an vielen Stellen.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Schwesigs aktuelles Thema ist der Kampf gegen die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen: Sie fordert gleichen Lohn für gleiche Arbeit und mehr Transparenz, wer in einem Unternehmen wie viel verdient. Frauen würden immer noch im Beruf benachteiligt, wenn sie sich für Kinder entschieden: „Wir müssen ein gesellschaftliches Umfeld schaffen, wo Frauen für solche Entscheidungen nicht bestraft werden.“ Das setze allerdings auch die Bereitschaft voraus, bestehende Strukturen zu verändern. Zu oft, so Schwesig, würde Frauen die Schuld an Ungleichheiten zugeschrieben, so auch bei der geschlechterbedingten Gehaltslücke. Aber: „Die Schuldfrage ist die falsche Frage. Die richtige Frage ist: Was können wir tun, damit es gerechter wird?“ Schwesigs Gesetzesvorhaben zur Entgeltgleichheit steckt momentan fest, es gibt Streit mit dem Koalitionspartner und der Wirtschaft.

Gut, dass Angela Merkel da war und ihrer Kollegin versicherte, sie kenne den Koalitionsvertrag – in dem sich SPD und CDU auf verpflichtet haben, die Entgeltgleichheit politisch durchzusetzen – und gemeinsam würde man das schon schaffen. Dann plauderte eine gut aufgelegte Merkel über ihre Zeit als Frauenministerin. Hier sprach nicht die Kanzlerin, hier sprach die Frau, die 1994 für die Verabschiedung des Gleichstellungsgesetzes sorgte. Merkel bedankte sich bei allen „die sich in der Frauenbewegung engagiert haben.“ Sie erinnerte sich daran, als sie in ihrer Rolle als Frauenministerin den damaligen Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Norbert Blüm, um Hilfe bitten wollte: „Es hieß, Norbert Blüm sei ein Freund der Frauen. Ich wollte mich mit ihm verbünden, denn er hatte ja viel Geld, ich nicht.“ Blüm jedoch war nicht so erpicht auf ein Treffen mit Merkel. Er ließ ihr ausrichten, „so wichtig“ sei ihr Ministerium ja nun auch nicht.

Gleichberechtigung im Grundgesetz

Das Frauenministerium wurde in den letzten 30 Jahren mehrfach ein- und ausgegliedert – seit 1986 sind die „Frauen“ aber nie wieder aus dem Titel des heutigen Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend verschwunden: Gleichberechtigung als gesellschaftspolitisches Thema ist fest verankert. Das ist auch Frauen wie Elisabeth Selbert zu verdanken, einer der „Mütter des Grundgesetzes“. Sie setzte den Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ im Grundgesetz durch. Im Bundesfrauenministerium bekommt Selbert nun einen eigenen Raum – auch im Bundesjustizministerium ist bereits ein Konferenzsaal nach der Juristin Selbert benannt.

Was bleibt von der großen Geburtstagsparty? Vor allem der Eindruck, dass es in Deutschland nicht an entschlossenen Frauen – und Männern – mangelt, die den Verfassungsauftrag „Gleichberechtigung“ tatsächlich umsetzen wollen. Ohne Gegenwind geht es dabei natürlich nicht. Denn Gleichberechtigung passiert nicht einfach, sie wird erkämpft.

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