Schon 1924 schloss Ilse Ter Meer ihr Maschinenbaustudium als erste Diplom-Ingenieurin Deutschlands ab und war beruflich erfolgreich. Für die damaligen Verhältnisse eine Sensation. Zu Beginn
des 21. Jahrhunderts, nach dem Siegeszug der Feministinnen für die Gleichberechtigung der Frau, sollten weibliche Ingenieure - auch in Führungspositionen - eigentlich eine Selbstverständlichkeit
sein. Eigentlich...
Tatsache ist, dass heutzutage der Anteil der Ingenieurinnen an allen Ingenieursstellen in Deutschland nicht mal 11 Prozent beträgt. Anfang 2007 saß gerade mal eine Frau in den Vorständen der
Deutschen DAX-Unternehmen. Obwohl die Kompetenzen von weiblichen Führungskräften für die High-Tech-Branche ein unverzichtbares Innovationspotential darstellen, sind in unserem Land Frauen in den
Führungsetagen der Elektro- und IT-Branche immer noch zu wenig präsent.
Typische Männerdomäne
Die zentrale Frage war, was getan werden kann und muss, damit Frauen und Mädchen sich mehr für die technischen Berufe interessieren. Zunächst müsse erkannt werden, dass eine Gesellschaft ihr
Potential nur dann ausschöpfen könne, wenn Frauen und Männer gleichermaßen ihren Anteil daran hätten, so die Bundestagsabgeordnete und ehemalige Bundesministerin für Forschung und Bildung Edelgard
Bulmahn. "Den Frauen steht zwar theoretisch jeder Beruf offen, aber technische Berufe gelten in unserer Gesellschaft immer noch als Männerdomäne."
Langfristig müssten die Unternehmen ihre Strukturen auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls an die Bedürfnisse von Frauen anpassen, erklärte Bulmahn. Außerdem sei es an der Zeit,
Kombinationsstudiengänge zu schaffen, die Natur- und Technikwissenschaften mit konkreten Anwendungen verknüpfen. Das sei nötig, da Mädchen und Frauen anwendungsorientierter seien und technische
Produkte anders entwickeln würden als Männer, bekräftigte auch Sylvia Stange, stellvertretende Leiterin für Chancengleichheit und Diversity bei der Deutschen Telekom.
Interesse wecken
Wichtig sei, das Interesse für technische Berufe so früh wie möglich zu wecken. Der Girls Day biete eine Möglichkeit, den Mädchen die faszinierenden Seiten dieser Berufe näher zu bringen,
erläuterte Edelgard Bulmahn. Vorbilder schon in Kindergärten sowie eine offensive und positive Darstellung der Ingenieurinnen seien das A und O, ergänzte Prof. Dr. Burghilde Wieneke-Toutaoui,
Vizepräsidentin der Technischen Fachhochschule Berlin. "Wenn der kreative Aspekt der Ingenieurswissenschaften bekannter gemacht würde, würden auch mehr junge Frauen ein Ingenieursstudium
aufnehmen", meinte die Geschäftsführerin der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft e. V., Dr. Helga Lukoschat.
Die Chancengleichheit für Männer und Frauen ist in der Wirtschaft noch nicht gegeben. Die Aufforderung an die Unternehmen, sich mehr auf Frauen und ihre Bedürfnisse einzustellen, ist deshalb
gut und richtig. Aber man sollte die Wirtschaft nicht mit dieser Aufgabe allein lassen. Denn um tatsächliche Chancengleichheit zu erreichen, muss die ganze Gesellschaft umdenken und sich von den
traditionellen Geschlechterrollen lösen.
Mamke Kühl
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