Inland

Frauen in Chefetagen: Ohne politischen Druck tut sich gar nichts

Wenn die Vornamen Thomas, Michael und Stefan häufiger vorkommen als Frauen, muss etwas passieren. Ohne Vorgaben bleiben in Vorständen deutscher Unternehmen Männer unter sich. Franziska Giffey und Christine Lambrecht wollen das jetzt ändern.
von Vera Rosigkeit · 10. Juni 2020

Freiwillig tut sich wenig, nur feste Vorgaben wirken – das belegen die aktuellen Zahlen zur Entwicklung des Frauenanteils in Führungspositionen, die am Mittwoch von den SPD-Bundesministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht in Berlin vorgestellt wurden.

Verbindliche Vorgaben notwendig

Eine positive Entwicklung sieht Familienministerin Giffey im Anstieg des Frauenanteils in Aufsichtsräten der Unternehmen, die unter die feste Quote fallen. Seit 2015 ist ihre Anzahl von 25 Prozent auf 35,2 Prozent angestiegen. Sie liege damit höher als die gesetzlich vorgeschriebene Vorgabe von 30 Prozent, betont Giffey. Anders sieht es in Aufsichtsräten von Unternehmen aus, die nicht unter diese Regelung fallen. Hier liege der Frauenanteil gerade einmal bei 19,9 Prozent, räumt sie ein.

Noch errnüchternder sei jedoch der Blick in die Vorstände deutscher Unternehmen. Denn da kämen die Vornamen Thomas, Michael und Stefan häufiger vor als alle Frauen zusammen, betont Giffey. Bei 80 Prozent gebe es keine einzige Frau im Vorstand. Etwa 70 Prozent der Unternehmen, die sich Zielgrößen für den Vorstand setzten, meldeten die Zielgröße Null an. Für Giffey ein deutliches Zeichen dafür, dass „wir nicht auf Appelle setzen können“. Deshalb brauche es verbindliche Vorgaben: „Wir müssen das Führungspositionengesetz verbessern.“

Zielvorgabe Null geht gar nicht

Einen entsprechenden Gesetzentwurf hatte sie gemeinsam mit Justizministerin Lambrecht bereits im Februar vorgelegt. Damals hatte Lambrecht auf einer Tagung der IG Metall zur Quote für Aufsichtsräte und Führungspositionen erklärt, dass es dringend an der Zeit sei, etwas zu ändern, wenn rund 70 Prozent der Unternehmen verkündeten, dass sie in den kommenden fünf Jahren in ihren Vorständen nichts ändern wollten.

Sie habe nicht damit gerechnet, das Unternehmen überhaupt so dreist seien, die Zielvorgabe Null vorzugeben, hatte Lambrecht mit Blick auf die Regelung zur Zielgrößenverpflichtung erklärt. Die hatte der Gesetzgeber seinerzeit für Unternehmen eigeführt, die entweder börsennotiert, aber nicht mitbestimmt oder mitbestimmt, aber nicht börsennotiert sind.

Eine Frau ist Pflicht

Am Mittwoch betonte Lambrecht, dass künftig bei großen Unternehmen ab vier Vorstandsmitgliedern mindestens eine Frau im Vorstand sein  müsse. Gleichzeitig wolle sie die Aufsichtsratsquote flächendeckend auf alle paritätisch mitbestimmten Unternehmen in Deutschland ausweiten. „Das Erfordernis der Börsennotierung soll künftig wegfallen“, so Lambrecht. Ein Mindestanteil an Frauen und Männern von 30 Prozent ist dann Pflicht. Sollte ein Unternehmen diesen Mindestanteil nicht erreichen, folge die Sanktion des leeren Stuhls, das heißt, die Postion werde nicht besetzt.

Auf Nachfrage erklärte Giffey am Mittwoch, dass sie das Gesetz noch in diesem Jahr ins Kabinett bringen möchte, damit es im kommenden Jahr in Kraft treten könne. Zugleich wolle sie das Thema ebenfalls auf die europäische Ebene bringen und die deutsche EU-Ratspräsidentschaft  nutzen, um in Deutschland und Europa Frauenrechte und die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern voranzubringen.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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