Fraktionschefin Andrea Nahles: Auf den Spuren Peter Strucks
Thomas Koehler/photothek.net
Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass Andrea Nahles schon in ihrer neuen Rolle angekommen ist, dann lieferte ihn die frisch gebackene Fraktionsvorsitzende der SPD postwendend. Sie sei schon etwas „wehmütig“, dass sie an diesem Mittwoch ihr Amt als Sozialministerin aufgeben und die Regierung verlassen musste, gestand sie nach der Fraktionssitzung in kleiner Runde. „Aber ab morgen kriegen sie auf die Fresse.“
Andrea Nahles verkörpert den Wunsch nach mehr weiblichen Gesichtern
Andrea Nahles wird die geschrumpfte SPD-Bundestagsfraktion führen – und die Opposition. Einen ersten Vorgeschmack, was die künftige Regierung von ihr erwarten kann, lieferte sie direkt nach ihrer Wahl. Die SPD werde eine „sehr leidenschaftliche und intensive Oppositionsarbeit“ leisten, kündigte Nahles an. Und: „Wir werden die Europapartei im Parlament sein“ – was nicht nur wegen der nationalistischen AfD wichtig ist, sondern auch wegen der FDP, die sich gegen jegliche Solidarität in der EU stellt.
Andrea Nahles ist nicht nur die erste Frau an der Spitze der SPD-Bundestagsfraktion, sondern auch ehemalige Juso-Bundesvorsitzende und bekennende Linke, die pragmatisch handelt. Mit 47 Jahren verkörpert sie auch den Wunsch vieler Sozialdemokraten nach jüngeren Gesichtern an der Spitze. Carsten Schneider (41) als Parlamentarischer Geschäftsführer passt dazu.
Peter Struck als Vorbild
Gemeinsam mit Martin Schulz will Nahles nun die Erneuerung von SPD und SPD-Bundestagsfraktion vorantreiben. Das wird nicht leicht werden. Bei ihrer ersten Pressekonferenz sprach Andrea Nahles von „zwei großen Baustellen“. Der große Vorteil ist, dass Schulz und Nahles sich gut kennen – und schätzen. Sie müssen sich also nicht lange beschnuppern, sondern können gleich mit der Arbeit beginnen.
An wem sich Andrea Nahles bei ihrer Arbeit orientieren will, sagte sie am Mittwoch auch. „Peter Struck hat mich am meisten geprägt.“ Der 2012 verstorbene Struck war zweimal, von 1998 bis 2002 und von 2005 bis 2009, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Gefürchtet für seine klaren Aussagen („Die kann mich mal“, in Richtung Angela Merkel und die CDU) war er weit über Parteigrenzen hinaus anerkannt. „Er hat die Parlamentarier ernst genommen und für Disziplin gesorgt“, sagte Nahles am Mittwoch. Eine treffende Beschreibung, wie sie sich ihre neue Aufgabe vorstellt.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.