Fragen und Antworten zum Thema Sterbehilfe
Sterbehilfe, Hilfe zum Suizid, Selbsttötung – worüber hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt?
Der korrekte juristische Begriff ist „geschäftsmäßige Beihilfe zum Suizid“. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird an vielen Stellen vereinfacht von „Sterbehilfe“ gesprochen – konkret geht es aber nur um die Beihilfe. Die „aktive Sterbehilfe“ ist in Deutschland weiterhin verboten und war auch nicht Teil der Klage. „Aktiv“ bedeutet, dass der Person der Wunsch zu sterben aktiv erfüllt wird, also beispielsweise ein Arzt die tödliche Spritze verabreicht. Unter Beihilfe zur Sterbehilfe fällt die Möglichkeit, dass jemand auf Wunsch der betroffenen Person ein Medikament besorgt, das zum Tod führt. Die Person, die über ihren Tod selber entscheiden möchte, muss das Mittel aber eigenständig einnehmen. Geschäftsmäßig schließt die Möglichkeit ein, dass Vereine diese Beihilfe zum Suizid als Dienstleistung anbieten können – das war 2015 verboten worden.
Was hat das Bundesverfassungsgericht genau entschieden?
Das Bundesverfassungsgericht hat das Verbot der „geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ für verfassungswidrig erklärt, das bisher im Paragraf 217 des Strafgesetzbuches stand. Das Verbot wurde 2015 vom Bundestag nach langer Debatte beschlossen. Nach Ansicht der Richter*innen gibt es ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben, das auch die Freiheit umfasst, sich selber das Leben zu nehmen und dabei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen.
Wie lautet die genaue Begründung?
Die Richter erklärten das Urteil vor allem mit Verweis auf das im Grundgesetz verankerte Selbstbestimmungsrecht, das nach Auslegung der Richter*innen auch das Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst. Das Verbot der „geschäftsmäßigen Sterbehilfe“ schränke dieses zu stark Recht ein und sei deswegen verfassungswidrig. Die Richter nannten es einen Akt der „autonomen Selbstbestimmung“, auch auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen. Der Paragraf 217 würde die Möglichkeiten einer assistierten Selbsttötung faktisch entleeren. Eine Neuregelung der Suizidhilfe ist damit aber explizit nicht ausgeschlossen. Das Bundesverfassungsgericht fordert nur, dass dem Recht des Einzelnen, sein Leben selbstbestimmt zu beenden „hinreichend Raum zur Entfaltung und Umsetzung verbleibt“.
Wie geht es jetzt weiter?
Mit dem Urteil verweisen die Richter*innen das Thema wieder zurück an die Politik. Damit beginnt die Debatte wieder von vorne, in welchem Rahmen eine Sterbehilfe in Deutschland erlaubt sein darf. Ein generelles Verbot der „Beihilfe zum Suizid“ kann es nach der Begründung des Urteils aber nicht mehr geben. Die Frage wird also sein, in welchem Rahmen die Beihilfe erlaubt sein darf, wer Betroffene beraten darf und welche Einschränkungen es geben kann.
Welche Meinung hat die SPD dazu?
Eine einhellige Meinung der Fraktion im Bundestag gab es 2015 nicht und wird es wohl auch jetzt ebenfalls nicht geben. Auch 2015 war die Fraktion entlang der verschiedenen Entwürfe gespalten. Es gibt Gegner und Befürworter der Sterbehilfe, ob aus religiösen oder humanistischen Gründen. Die größte Befürchtung damals wie heute ist die Kommerzialisierung der Sterbehilfe, also eine „Beihilfe zum Suizid“ als Dienstleistung gegen Bezahlung. Die Befürworter argumentieren – im Einklang mit dem aktuellen Gerichtsurteil – mit dem Recht auf Selbstbestimmung. Das schließt aber Einschränkungen nicht aus. Wie die konkret aussehen könnten, dürfte Gegenstand der neuen Debatte werden.
Wie regeln andere Länder die Sterbehilfe?
Die Schweiz ist eines der Länder, in denen die Beihilfe zum Suizid erlaubt ist. In dem Land haben sich über die Jahre eine Reihe von Sterbehilfe-Organisationen gebildet, die Betroffene bei der Beihilfe zum Suizid unterstützen. Wer aber aus selbstsüchtigen Gründen eine andere Person zu einem Suizid verleitet, beispielsweise um Unterhaltszahlungen zu entgehen oder früher zu erben, macht sich in der Schweiz strafbar.
In den Niederlanden und Belgien ist darüber hinaus die aktive Sterbehilfe erlaubt, Patient*innen müssen allerdings eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen, die von einer Kommission geprüft werden. In den meisten Ländern in Europa ist die Sterbehilfe – egal ob als Beihilfe oder aktiv – verboten.
Welche anderen Betreuungsmöglichkeiten gibt es für Menschen, die sterben werden?
Für Menschen, die nur noch von Maschinen oder Ärzten am Leben erhalten werden, gibt es die Möglichkeit, „lebenserhaltende Maßnahmen zu stoppen. Das kann beispielsweise in einer Patientenverfügung geregelt sein, die von der Person im Vorfeld formuliert wurde. Wenn die Person nicht mehr selbst darüber entscheiden kann, liegt die Entscheidung bei den Angehörigen.
Außerdem können sich Menschen, deren Tod bevorsteht, dazu entscheiden, in ein Hospiz zu gehen oder sich von einem ambulanten Hospizdienst betreuen lassen. Die Mitarbeiter*innen sind besonders darin geschult, die Patient*innen auf den bevorstehenden Tod vorzubereiten und Angehörige zu betreuen. Medikamente und Handlungsmethoden aus dem Bereich der Palliativmedizin zielen nicht mehr auf den Versuch ab, Menschen zu heilen, sondern vorhandene Schmerzen und Symptome zu lindern.