Inland

Fragen und Antworten: Wie und wo eine Corona-Impfpflicht denkbar wäre

Eine Impfpflicht gegen das Coronavirus gibt es nicht für Arbeitnehmer*innen. Bei Pflegekräften könnnte sich dies aber bald ändern – wenn nachgewiesen wird, dass Geimpfte nicht ansteckend sind. Möglich wäre es, wie ein Blick auf die Masern-Impfung zeigt.
von Christian Rath · 25. Januar 2021
Noch ist unklar, ob auch Geimpfte das Coronavirus noch weitertragen können.
Noch ist unklar, ob auch Geimpfte das Coronavirus noch weitertragen können.

In Dessau hat ein Pflegedienst angeblich mehrere Mitarbeiterinnen entlassen, weil sie sich nicht (sofort) impfen lassen wollten. Der Fall schlug überregional Wellen und wirft grundsätzliche Fragen auf.

Kann der oder die Arbeitgeber*in von Beschäftigten eine Corona-Impfung verlangen?

In der Regel kann der oder die Arbeitgeber*in von seinen Mitarbeiter*innen keine Impfung gegen bestimmte Krankheiten einfordern. Solange es keine gesetzliche Impfpflicht gibt, kann im Prinzip auch der Arbeitgeber keine Impfung verlangen. Eine Impfung gehört zum privaten Bereich der Beschäftigten. Zwar hat die Führungskraft Nachteile, wenn ihr ungeimpftes Personal krank wird und nicht arbeiten kann. Das genügt aber nicht. Arbeitgeber*innen dürfen die Beschäftigten ja auch nicht anweisen, auf gefährliche Sportarten zu verzichten oder im Winter immer eine Mütze zu tragen.

Gilt dies auch bei Pflegekräften und Ärzten in Kliniken und Krankenhäusern?

Hier ist die Antwort nicht so einfach. Wenn es um die Betreuung von Hochrisiko-Patienten geht, kann der Arbeitgeber deutlich strengere Anforderungen an Beschäftigte stellen. Eine Impfung kann er derzeit aber schon deshalb nicht verlangen, weil noch völlig unklar ist, wieviel Schutz die Impfung für andere bietet. Bisher ist nur belegt, dass die Geimpften nach einem Kontakt mit Covid-Viren nicht selbst erkranken. Es ist aber noch nicht bekannt, ob die Geimpften andere weiterhin anstecken können. Das Robert-Koch-Institut rechnet frühestens im März mit verlässlichen Erkenntnissen.

Falls sich herausstellt, dass Geimpfte nicht mehr oder kaum noch ansteckend sind: Kann von Pflegekräften dann eine Impfung verlangt werden?

In diesem Fall dürften die Interessen des Arbeitgebers und der betreuten Personen Vorrang haben vor den Interessen impfskeptischer Arbeitnehmer*innen. Dies dürfte erst recht bei Neueinstellungen gelten.

Können Beschäftigte die Impfpflicht abwenden, wenn sie sich freiwillig zum Maskentragen und zu strengster Hygiene verpflichten?

Hier kann die Entscheidung der Arbeitsgerichte nur bedingt prognostiziert werden. Es geht um die Frage, wieviel Risiko der Führungskraft und den Betreuten zumutbar ist. Für Arbeitgeber*innen wäre eine solche Lösung jedenfalls mit zusätzlichem Kontrollaufwand verbunden.

Ist mit einer gesetzlichen Impfpflicht für Pflegepersonal zu rechnen?

Sozialminister Hubertus Heil (SPD) will keine gesetzliche Covid-Impfpflicht einführen, auch nicht für Pflegekräfte und Ärzte. Möglich wäre dies aber. Bereits jetzt gibt es die gesetzliche Pflicht, eine Masern-Impfung oder -Immunität nachzuweisen, wenn jemand in Schulen, Kitas, Krankenhäusern, Arztpraxen und Flüchtlingsheimen arbeitet. 

Gibt die Gewerkschaft Rechtsschutz, wenn ein Impfverweigerer gekündigt wird?

Verdi ruft Pflegekräfte zwar auf, sich impfen zu lassen, würde gekündigte Impfverweigerer*innen aber juristisch unterstützen. Vor einer Kündigung müsse ohnehin geprüft werden, ob eine Beschäftigung in anderen Bereichen der Einrichtung möglich ist.

Wird der Dessauer Fall nun zum juristischen Präzedenzfall?

Eher nicht. Der Pflegedienstleiter hat inzwischen darauf hingewiesen, dass fünf der Gekündigten noch in der Probezeit waren. Hier besteht kein Kündigungsschutz. Außerdem sei die Kündigung nicht wegen der Impfweigerung erfolgt, sondern weil sich die Betroffenen geschäftsschädigend und respektlos vor den anderen Mitarbeiter*innen und Patient*innen geäußert haben sollen.

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