Durch eine Entflechtung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern kann zukünftig der Anteil der Bundesgesetze, für die die Zustimmung der Länder bislang nötig war, auf rund 40 Prozent
reduziert werden. Langwierige Verhandlungen zwischen Bundesrat und Bundestag können damit in Zukunft vermieden werden. Im Gegenzug erhalten die Länder das Recht, von Bundesgesetzen abzuweichen, die
in die Verwaltungen der Länder eingreifen.
Aber: Die Reform sieht auch eine Neuverteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern vor. So verliert der Bund seinen Einfluss in der Bildungs- Hochschul- und Umweltpolitik.
"Was jetzt als Gesetzentwurf vorliegt, zementiert ungleiche Bildungs- und Lebenschancen über Jahrzehnte und schadet dem Innovationsstandort
Deutschland," erklärt die Vorsitzende des Bildungs- und Forschungsausschusses, Ulla Burchardt. Für "grob fahrlässig" hält sie es, auf den Pisa-Skandal "mit der deutschen Kleinstaaterei des
19. Jahrhunderts zu antworten." Das Netzwerk Berlin beklagt in einem Positionspapier, dass durch die Föderalismusreform eine Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Bildungspolitik selbst dann
ausgeschlossen werden könnte, wenn alle Beteiligten sich im konkreten Fall einig sind. Der SPD-Spitzenkandidat in Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn, hält das Vorhaben vor dem Hintergrund der
Etablierung eines europäischen Bildungs- und Hochschulraums für "geradezu anachronistisch."
Auch der Strafvollzug soll in die ausschließliche Länderhoheit übergehen. Schwere Bedenken äußert hierzu der Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und
Juristen. "16 Strafvollzugsgesetze und - je nach Profilierung zuständiger Minister - einen Wettlauf um den härtesten und billigsten Knast", so könnte nach Meinung des Vorsitzenden Harald
Baumann-Hasske die Zukunft des Strafvollzugs aussehen. Die Forderung der AsJ ist eindeutig: Eine Kompetenzverlagerung beim Strafvollzug ist nicht zu verantworten. "Die Kompetenz für Strafvollzug
muss beim Bund bleiben."
Vera Rosigkeit
Meinungen zum Thema:
SPD-Bundestagsfraktion:
Reform der bundesstaatlichen Ordnung
Rede des Fraktionsvorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Dr. Peter Struck,
in der Debatte zur 1. Lesung der Föderalismusreform am 10. März 2006
Jörg Tauss:
Sachliche Beratung zur Föderalismusreform statt Oppositions-Hick-Hack
Hubertus Heil:
Föderalismusreform-Debatte zulassen
Ulla Burchardt:
"Föderalismuspaket schadet der Innovationsfähigkeit Deutschlands!"
Netzwerk Berlin:
Pressemitteilung zum Thema Föderalismusreform vom 24.02.2006
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