Flüchtlingsgipfel: Das bringt die Einigung im Kanzleramt
Bis spät in den gestrigen Abend gingen die Verhandlungen im Bundeskanzleramt zwischen Bund und Ländern. Dabei kam die Bundesregierung den Ländern in wichtigen Punkten entgegen: Sie verdoppelt die Unterstützung der Länder bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise für dieses Jahr auf zwei Milliarden Euro. Im nächsten Jahr verdoppelt sich der Betrag erneut auf vier Milliarden Euro. Bund und Länder rechnen in diesem Jahr mit 800.000 Flüchtlingen in Deutschland. Im nächsten Jahr erwarten sie weitere 800.000 Flüchtlinge. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bilanzierte nach dem Gipfel: "Die SPD hat sich mit all ihren Forderungen durchgesetzt."
Gabriel: Sozialer Wohnungsbau für alle
Die Aufstockung der Mittel bedeutet konkret: 2016 zahlt der Bund den Ländern eine monatliche Pauschale pro Flüchtling von 670 Euro. Darüber hinaus fördert er den sozialen Wohnungsbau mit 500 Millionen Euro pro Jahr von 2016 bis 2019. SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte, diese Mittel kämen allen Menschen zugute, sie seien nicht auf Flüchtlunge begrenzt. Schließlich erhalten die Länder auch das Geld, das durch den Wegfall des Betreuungsgeldes frei wird.
Mehr Mittel gibt es auch für Integrationskurse für Flüchtlinge mit einer guten Bleibeperspektive. Arbeitsverbote für Asylbewerber und Geduldete werden gelockert. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) lobte „gute Signale für eine schnelle Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt“ durch die gestrige Einigung. „Die gemeinsame Linie aller Akteure stimmt hoffnungsfroh, wir packen das mit geeinten Kräften an. Ich bin zuversichtlich, dass wir in den anstehenden Haushaltsberatungen für den Haushalt 2016 das Geld für die arbeitsmarktpolitische Maßnahmen bekommen, das wir brauchen.“
Özoguz: schnellere Asylverfahren entscheidend
Eine Einigung gab es auch über die umstrittene Gesundheitskarte für Asylbewerber. Der Bund schafft nun die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Einführung. Jedes Land kann dann selbst darüber entscheiden, ob es diese Möglichkeit nutzt und die Karte einführt.
"Besondere Bedeutung kommt der Zusage des Bundes zu, die Asylverfahren trotz der steigenden Antragszahlen auf durchschnittlich drei Monate zu verkürzen", betonte Integrationsstaatsministerin Aydan Özoguz. "Es muss uns gelingen, zu schnelleren Entscheidungen zu kommen, den Rückstau von inzwischen über einer viertel Million Altfällen abzuarbeiten und die Zeit zwischen Registrierung und Antragsstellung deutlich zu verkürzen. Sonst wird die Not der Länder und Kommunen trotz der finanziellen Entlastung unweigerlich größer."
Drei neue "sichere Herkunftsländer"
Albanien, Kosovo und Montenegro sollen als „sichere Herkunftsstaaten“ eingestuft werden. Asylbewerber aus diesen Ländern können so schneller in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden. So wird es seit dem letzten Jahr bereits mit Zuwanderern aus Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien praktiziert. Schlepper und Schleuser sollen künftig härter bestraft werden. Ihnen droht eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten.
Viel Lob gab es für die neuen Regelungen aus den Bundesländern. Er sei „sehr sehr froh“ über die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Ähnlich äußerten sich seine SPD-Amtskollegen Michael Müller aus Berlin und Torsten Albig aus Schleswig-Holstein.
Streit bei den Grünen
Zustimmung gab es auch von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Dennoch konnte er noch nicht zusichern, dass das grün-rot regierte Land im Bundesrat zustimmt, da in seinem Landesverband ein heftiger Streit tobt über die Ausweitung der „sicheren Herkunftsländer“.
Inwieweit die Kommunen zufrieden mit den Resultaten des Flüchtlingsgipfels sind, darüber können Sie am Samstag auf vorwärts.de ein Interview mit dem Vizepräsidenten des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister von Nürnberg, Ulrich Maly (SPD), lesen.