FFP2-Masken und Homeoffice: BayernSPD kritisiert Söder-Aktionismus
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Krisenzeit ist Regierungszeit – das gilt auch für die Coronakrise. Seit Monaten dominieren Debatten über Lockerungen oder Verschärfungen und Forderungen nach gemeinsamen Strategien von Bund und Ländern die Nachrichten. Einer, der dabei zumindest rethorisch regelmäßig in der ersten Reihe steht oder sitzt, ist Markus Söder, der CSU-Parteichef und bayerische Ministerpräsident. Zuletzt machte er mit einer Diskussion über die Impfpflicht für Pflegepersonal, eine im Freistaat verordnete FFP2-Maskenpflicht im Nahverkehr und Einzelhandel sowie einem „Homeoffice-Gipfel“ von sich reden – und das alles binnen weniger Tage.
Masken-Ausverkauf nach Söder-Ankündigung?
Hinter den markigen Worten steckt allerdings of wenig durchdachter Inhalt, kritisiert die Bayern-SPD. Das gilt auch für Söders jüngste Äußerungen. So kritisierte die Landesvorsitzende Natascha Kohnen die FFP2-Maskenpflicht: „Ist das alles zu Ende gedacht, bevor es ausgerufen wird? Ich bezweifle es sehr.“ Kohnen warnte vor einem Ausverkauf wie bei Toilettenpapier. FFP2-Masken schützen besser vor dem über die Atemluft übertragbaren Coronavirus. Außerdem erinnerte Kohnen daran, dass es die Masken nicht kostenlos gibt. Einigen Menschen könne das Geld für den teureren Schutz fehlen.
Und die Gesundheitsexpertin der SPD-Landtagsfraktion, Ruth Waldmann, verwies ebenso auf Versorgungsengpässe nach der Äußerung des CSU-Parteichefs: „So eine Maskenpflicht für FFP2 muss man eben gut vorbereiten, statt alle zu überraschen. Jetzt müssen sich kurzfristig alle zugleich drängeln“, schrieb Waldmann am Dienstag auf Twitter.
Bayerns SPD-Generalsekretär Uli Grötsch fasst es auf Nachfrage des „vorwärts“ denn auch so zusammen: „Die FFP2-Maskenpflicht ist exemplarisch für die Regierungspolitik von Markus Söder.“ Dass es auch in Bayern arme Menschen gebe, die sich diese Masken nicht leisten könnten, blende Söder aus. „Das passt einfach nicht ins Bild.“ Söder sei „der Großmeister der Ankündigungen“. Dahinter verberge sich aber in Bayern aus Sicht des Bundestagsabgeordneten Chaos an den Schulen, die höchsten Infektionszahlen in einigen Landkreisen sowie ein Zick-Zack-Kurs im Kampf gegen die Pandemie im Einzelhandel. Immerhin: Nach Kritik von SPD und Sozialverbänden verkündete die Staatsregierung in München nun, dass die geforderten Masken kostenlos an Bedürftige verteilt werden sollen.
Deutliche Kritik auch außerhalb Bayerns
Auch über die Landesgrenzen hinaus werden die Äußerungen von Söder und die Debatten, die er damit anstößt, kritisch gesehen. In einer Generaldebatte zum Impfstart im Bundestag mahnte die SPD-Bundestagsfraktionsvize Bäbel Bas am Mittwoch: „Es ist absolut katastrophal eine Berufsgruppe unter Generalverdacht zu stellen, dass sie sich nicht impfen lassen will.“ Das sei vor Ort, in ihrem Wahlkreis nicht so, schickte Bas hinterher. Stattdessen plädierte sie dafür, die guten Beispiele bei der Impfkampagne in den Vordergrund zu rücken, auch um Verschwörungsmythen entgegenzuwirken: „Die Aufklärung muss jetzt beginnen.“ Denn gravierende Nebenwirkungen des verfügbaren Impfstoffs gebe es schließlich kaum, die Akzeptanz steige.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil warnte davor, die Impf-Akzeptanz mit einer Diskussion über eine Impfpflicht aufs Spiel zu setzen. „Im Moment über eine Impfpflicht zu spekulieren, verbietet sich“, sagte Heil gegenüber dem Fernsehsender „n-tv“. Auf seiner Seite hat der Sozialdemokrat dabei auch den Bundesverband für Pflegeberufe sowie den deutschen Städtetag, die ebenfalls Skepsis äußerten. Selbst der Ethikrat, den Söder aufgefordert hatte, Vorschläge zu machen, steuert derzeit nicht in Richtung Impfpflicht. Gemeinsam mit der Leopoldina und der Ständigen Impfkommission plädieren die Wissenschaftler*innen vor allem für einen gerechten und geregelten Zugang zu Covid-19-Impfstoffen. Eine Impfpflicht sehen sie dabei nur als allerletztes Mittel und wenn überhaupt auch nur dann, wenn klar sei, dass eine Impfung die Weitergabe des Coronavirus unterbinde.
„Homeoffice-Gipfel“: Es bleibt bei Appellen
Auch bei einem weiteren Bundesthema scheint Markus Söder rethorisch zu punkten, inhaltlich dann aber wenig vorweisen zu können: Am Mittwoch wurde in Bayern ein „Homeoffice-Gipfel“ mit Unternehmen und Gewerkschaften einberufen. Letztere plädieren, wie auch die SPD im Bund und in Bayern, schon länger für eine verpflichtende Homeoffice-Regelung, um das Infektionsrisiko weiter zu reduzieren. Doch Unternehmen wehren sich gegen feste Regeln, CDU und CSU mauern sowohl in Berlin als auch in München.
Und so blieb es dann auch nach dem groß angekündigten „Homeoffice-Gipfel“ im Freistaat bei Appellen: Homeoffice wo möglich, aber ohne ein Bekenntnis zu einer Regel, Quote oder Verordnung. „Dabei liegt beim Arbeitsminister Hubertus Heil schon ein Entwurf dafür in der Schublade“, so Uli Grötsch.