Inland

FES-Chef Martin Schulz: Wir brauchen mehr Aufklärung

Martin Schulz über seine wichtigsten Ziele als neuer Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung, über die akute Bedrohung der Demokratien in Europa und warum er nicht wieder für den Bundestag kandidiert.
von Karin Nink · 16. Februar 2021
Kämpferischer Sozialdemokrat: Martin Schulz, der neue Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung, hier im Januar 2021 im ZDF.
Kämpferischer Sozialdemokrat: Martin Schulz, der neue Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung, hier im Januar 2021 im ZDF.

Martin Schulz, was verbinden Sie mit Friedrich Ebert?

Seinen mit einem ganz hohen persönlichen Preis bezahlten Kampf für die republikanische Verfassung Deutschlands und die Würde, mit der er dieses Deutschland vertreten hat; aber auch die Würde, mit der er den grenzenlosen Hass der extremen Rechten gegen sich ertragen hat.

Sie treten zugunsten des FES-Vorsitzes nicht mehr für den Bundestag an. Eine schwere Entscheidung?

Ich werde am Ende dieser Wahlperiode 27 Jahre Parlamentsabgeordneter gewesen sein – im Europaparlament und im Deutschen Bundestag. Nach so langer Zeit ist das natürlich eine Zäsur. Aber der Vorsitzende einer politischen Stiftung sollte nicht im operativen politischen Geschäft tätig sein.

Was muss die Stiftung gerade in Zeiten wachsenden Rechtspopulismus in westlichen Demokratien besonders bewältigen?

Da knüpfe ich noch mal an Friedrich Ebert an. Die Stiftung hat den traditionellen Auftrag, durch Bildung eine die Demokratie stabilisierende und verteidigende Arbeit zu leisten. Ich hätte es wirklich nicht für möglich gehalten, dass in Westeuropa oder in der EU die Demokratie noch einmal so aggressiv angegriffen werden könnte.

Was kann die FES Besonderes leisten, um diesen Kampf für die Demokratie zu bestehen?

Ich glaube, dass unsere gesamte Bildungsarbeit – national wie international – mit einem aufklärerischen Ansatz einhergehen muss. Dass Veranstaltungen, Publikationen, der unmittelbare Kontakt zu wichtigen Meinungsträgern genauso wie zur breiten Masse der Bevölkerung den gleichen Ansatz haben müssen: Respekt vor der individuellen Lebensleistung, ein Leben in Würde und die Toleranz gegenüber der anderen Meinung. Das sind die drei Grundpfeiler der Demokratie. Diese immer wieder zu vermitteln, ist unser zentraler Auftrag.

Welche konkreten Projekte wollen Sie umsetzen?

Innerhalb der Arbeit, die wir hier in Deutschland leisten, müssen wir die europäische Integration in den Vordergrund stellen. Denn die Verteidigung demokratischer Grundstrukturen ist heute nur noch möglich, indem wir als europäische Staaten enger über Grenzen hinweg zusammenarbeiten. Nur so erreichen wir die Stärke, die die Demokratien in Europa brauchen, um im interkontinentalen Wettbewerb gegen Systeme zu bestehen, die uns angreifen – auch ökonomisch, weil sie unsere demokratischen Grundwerte eben nicht beherzigen und nicht berücksichtigen.

Welchen Schwerpunkt setzen Sie in der internationalen Arbeit?

Da geht es um die gleichen Themen: Demokratieaufbau, Demokratieweiterentwicklung, Gewerkschaftskooperation und Bildungsfragen. Die internationale Arbeit der FES, die Entwicklungszusammenarbeit vor allen Dingen in Afrika, Asien, Lateinamerika bleibt unser starkes Standbein.

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Karin Nink

ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.

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