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FDP im Bundestagswahlkampf: Bei Großspendern beliebt, bei Wählern unbekannt

Nur die Hälfte der Wahlberechtigten kennt einen FDP-Politiker, trotzdem ist die Partei bei Politik-Großspendern sehr beliebt. Nun zeigt auch ein Video, dass von Erneuerung keine Rede sein kann.
von Vera Rosigkeit · 14. September 2017
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Neulich fragte der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Marco Bülow auf Twitter: „Wusstet ihr eigentlich schon, dass C. Lindner auch in jedem Wahlkreis direkt antritt – andere FDP-ler gibt es nicht….“

Er kommentierte damit einen Tweet des Grünen-Politikers Erik Marquardt, der ein Foto postete, auf dem drei übereinander hängende Plakate des FDP-Spitzenkandidaten zu sehen sind. Marquardts Kurzmeldung dazu: „Hey FDP: An dieser Laterne habt ihr vergessen, weiter oben noch ein paar Bilder von Christian Lindner aufzuhängen.“

Beide Tweets bringen auf den Punkt, was nun eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Magazins „Stern“ ermittelte: Dem Personal der FDP mangelt es an Bekanntheit. So konnte laut Umfrage rund die Hälfte der Befragten (49 Prozent) ohne Namensvorgabe spontan keinen einzigen FDP-Politiker nennen. Und wenn, nannte der Großteil (45 Prozent) Christian Lindner. Danach kam lange Zeit nichts. Seinen Stellvertreter Wolfgang Kubicki nannten gerade einmal sechs Prozent. Die Unbekanntheit wird im „Stern“ damit begründet, dass die Partei in der vergangenen Legislaturperiode nicht im Bundestag vertreten war.

Politik-Großspenden für die FDP

Dieser Umstand hat aber offensichtlich Politik-Großspender nicht davon abgehalten, die FDP in diesem Jahr mit großzügigen Spenden zu bedenken. Neben der CDU verbuchte sie den Löwenanteil der Spenden über 50.000 Euro. Danach erhielt die CDU laut „Tagespiegel“ bislang 1,9 Millionen Euro an Spenden, die FDP 1,5 Millionen Euro. Damit erhielt die FDP achtmal so viele Großspenden wie SPD und Grüne zusammen. Diese verbuchten jeweils nur eine einzige Einzahlung von 100.000 Euro. CSU und Linke gingen in Sachen Großspenden bislang leer aus. (Stand: 1.8.2017).

Ein ironischer Twitterpost von Christopher Lauer soll an dieser Stelle nicht unterschlagen werden: „Steuern für Unternehmen senken, damit die der FDP spenden, damit die Steuern für Unternehmen senkt, damit die der FDP spenden.“

Und dann gibt es ja noch jene, die behaupten, die FDP habe sich neu erfunden: An dieser Stelle sei ein Beitrag, ebenfalls aus dem Nachrichtenmagazin „Stern“, empfohlen. Titel: „Trödel neu denken oder: Fünf Gründe, warum man die FDP nicht wählen kann“. Darin lassen sich interessante Anekdoten zum Wahlprogramm der „Vintage“-Partei finden, z.B. zur Frage, was eigentlich gemeint ist mit „Digital first. Bedenken second?“, dem Slogan eines FDP-Werbeplakats.

Von Erneuerung keine Spur

Die Antwort des Autors lautet so: „Dass die Giganten der Neuzeit, Google, Apple, Amazon, Facebook, Uber, Airbnb ...., machen können, was sie wollen? Nee, so sagt das Christian Linder öffentlich nicht und wettert gegen die Internetriesen - nur in seinem Programm steht anderes. Unternehmen sollen leichter Menschen befördern können „außerhalb einer Taxi-Konzessionsabgabe“, also Bahn frei für „Uber“. Freuen darf sich auch der Vemietungsriese „Airbnb“, soll doch das „Homesharing" „zugunsten von weniger Bürokratie angepasst werden“. Die Behörden sollen dazu mehr Daten veröffentlichen, weil dies den Unternehmen „wertvolle Informationen zu Absatzmärkten bringen“ würde“, heißt es im Magazin.  

Dazu sei allerdings angemerkt, dass sich Linder mit Unternehmen auskennt. Zu sehen in einem Video, das seit Donnerstag im Netz kursiert. Es zeigt den jungen Lindner als strebsamen Schüler, der „in PR-Konzepten macht“ und Probleme als „dornige Chancen“ bezeichnet.

Rente mit 60 – für alle?

Übrigens ist Christian Lindner der Politiker, der in jeder Talkshow zum Thema Rente darauf hinweist, dass die FDP für ein flexibles Renteneintrittsalter ab 60 Jahren eintritt. Jeder Normalbürger fragt sich an dieser Stelle sofort, wer sich das wohl leisten kann? Leider haben es die Moderatoren bisher versäumt, die Frage nach der Finanzierung zu stellen. Unverständlich, wenn man bedenkt, dass ein SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz oder eine SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sofort zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie den Renteneintritt von derzeit 67 Jahren nicht auf 70 erhöhen wollen. Wie wollen Sie das finanzieren, heißt es dann.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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