Inland

Fauler Kompromiss

von Susanne Dohrn · 26. März 2008
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Die CO2-Emissionen im Verkehr müssen runter hatte die EU-Kommission im vergangenen Jahr gefordert und beschlossen, die Emissionen der in der EU verkauften Neuwagen bis 2012 auf 120 Gramm pro Kilometer zu begrenzen. Ein ambitioniertes Ziel, denn die Emissionen von Neuwagen sanken viel zu langsam. Zwar hatte sich die Automobilindustrie verpflichtet, den durchschnittlichen CO2-Ausstoß ihrer Neuwagen bis 2008/2009 auf 140 Gramm pro Kilometer zu senken, dies aber bei weitem nicht erreicht. Bei den in Deutschland produzierten Neuwagen stiegen die CO2-Emissionen sogar wieder. Eine Lösung musste her.



Autofahrer zahlen drauf


Also Beschloss die EU-Kommission, dass die Hersteller nicht die ganze Last zu tragen brauchen. Die durchschnittlichen Emissionen müssen bis 2012 nur auf 130 g/km absinken. Der Rest soll mit "komplementären Maßnahmen" erreicht werden. Dazu gehört die verstärkte Nutzung von Biokraftstoffen. Geplant ist die Beimischung von zehn Prozent Bioethanol ab 2009. Ein fauler Kompromiss, wie sich nun herausstellt. Denn dieser Kraftstoff ist aggressiver und schadet den Motoren vor allem älterer Fahrzeuge. Die Fahrer müssten auf das erheblich teurere Super Plus umsteigen. Zwar versucht die Autoindustrie gerade, das Problem herunterzuspielen. Doch der ADAC widerspricht. Mindestens 2,5 Millionen Autos werden den neuen Sprit nicht vertragen, so seine Untersuchung.

Ohrfeige für Seehofer

Auch die Produktion von Biosprit selbst gerät immer mehr in die Kritik. Schon im November 2007 meldete sich der "Wissenschaftliche Beirat Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz" mahnend zu Wort. "Teuer" sowie "energetisch und klimapolitisch ineffizient" sei die Produktion von Biodiesel und Bioethanol, so sein vernichtendes Urteil. Er fordert, dass die "deutsche Bioenergiepolitik grundlegend überdacht werden sollte". Eine Ohrfeige für den zuständigen Minister Horst Seehofer (CSU), der sich zum Ziel gesetzt hat, den "Ausbau des Wirtschaftszweiges Bioenergie in Deutschland voranzubringen" und gerade einen Wettbewerb zum Aufbau regionaler Bioenergie-Netzwerke gestartet hat.

Auch der Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung hatte sich in dieser Sache zu Wort gemeldet. Im Vorfeld der der Biodiversitätskonferenz, die im Mai in Bonn stattfinden soll, fordert er von der nationalen Politik "eine deutliche Senkung der gesetzlich vorgeschriebenen Quote für die Beimischung von Bioenergien zu Kfz-Treibstoffen sowie strenge Maßstäbe für die Überprüfung der Nachhaltigkeit beim Anbau und der Verarbeitung von Biomasse-Produkten". SUS

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Susanne Dohrn

ist freie Autorin und ehemalige Chefredakteurin des vorwärts.

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