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Fall Aiwanger: Welche Konsequenzen die bayerische SPD fordert

Der Landtagswahlkampf in Bayern wird von einem Antisemitismus-Skandal um Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger überschattet. Während Ministerpräsident Söder eine Sonderkabinettssitzung einberufen hat, fordert die SPD Konsequenzen.
von Jonas Jordan · 28. August 2023
Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger steht wegen der Flugblattaffäre in der Kritik. Ministerpräsident Söder hat daher eine Sondersitzung des Kabinetts für Dienstag einberufen.
Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger steht wegen der Flugblattaffäre in der Kritik. Ministerpräsident Söder hat daher eine Sondersitzung des Kabinetts für Dienstag einberufen.

Knapp sechs Wochen sind es noch, ehe am 8. Oktober in Bayern ein neuer Landtag gewählt wird. Schon ab Montag, 28. August, ist es möglich, Briefwahl zu beantragen. Nun wird der Landtagswahlkampf von einem Skandal um Hubert Aiwanger überschattet, der sowohl stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister als auch Bundes- und Landesvorsitzender der Freien Wähler ist.

Aiwangers Erklärung überzeugt nicht

Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte am Wochenende über ein antisemitisches Flugblatt berichtet, das Aiwanger in den 1980er-Jahren als Schüler verfasst haben soll. Der Wirtschaftsminister wies das zurück, räumte jedoch ein, es seien Exemplare davon in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf gestand Aiwangers älterer Bruder, er habe das Flugblatt verfasst.

Eine Erklärung, die für Aiwangers politischen Kontrahenten offenbar wenig überzeugend wirkt. Schon am Sonntag schrieb der bayerische SPD-Spitzenkandidat Florian von Brunn auf dem Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter: „Das Flugblatt ist keine Jugendsünde. Es verunglimpft auf abscheuliche Weise die Opfer von Holocaust und Nazi-Dikatur. Hubert Aiwanger war offensichtlich gemeinsam mit seinem Bruder für das abscheuliche Flugblatt, dessen Besitz sowie die Verbreitung verantwortlich.“

SPD fordert Rücktritt oder Entlassung

Für von Brunn ist daher unverständlich, dass Ministerpräsident Söder weiterhin mit jemandem kooperiere und koaliere, der den Besitz dieses Flugblattes bestätige und die Verbreitung nicht widerlegen könne. Schon jetzt sei der Schaden für das Land Bayern immens hoch. Deswegen kommt von Brunn zu dem Schluss: „Jeder weitere Tag als Stellvertreter von Markus Söder und als Wirtschaftsminister vergrößert diesen Schaden, so dass alles andere als ein Rücktritt oder eine Entlassung im Interesse der bayrischen Bevölkerung und der Erinnerungskultur nur schwer vorstellbar ist.“

Der bayerische SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende fordert außerdem so schnell wie möglich eine Sondersitzung des Landtages. Diese sei notwendig und im Interesse der Bevölkerung, ist von Brunn überzeugt. Inzwischen hat Ministerpräsident Söder für Dienstagvormittag eine Sondersitzung des bayerischen Kabinetts angekündigt, was von Brunn begrüßt. „Ich danke dem Ministerpräsidenten, dass er unserem Wunsch nach einer Sondersitzung folgt, auch wenn diese zunächst nur im Koalitionsausschuss stattfindet. Unser Land und der Wirtschaftsstandort Bayern dürfen keinen Tag länger mit diesem menschenverachtenden Flugblatt in Zusammenhang gebracht werden.“

von Brunn: „Was Bayern nicht braucht, ist eine Antisemitismus-Debatte in der Regierung“

Bayerns Bürger*innen hätten es verdient, dass die Politiker*innen sich uneingeschränkt um die zentralen Herausforderungen unserer Zeit kümmern können. „Bayern muss für alle bezahlbar sein, braucht kostenlose Kitaplätze für 780.000 Kinder und ihre Familien, faire Mieten für sieben Millionen Mieter und eine gute Pflege im Alter für 2,7 Millionen Senioren. Was Bayern nicht braucht, ist eine Antisemitismus-Debatte in der Regierung“, macht der Sozialdemokrat deutlich.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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