Inland

Falken in der Corona-Krise: „Es geht um die Existenz“

Wegen der Corona-Pandemie mussten die Falken einen Großteil ihrer geplanten Zeltlager absagen. Dadurch hat der gemeinnützige Jugendverband wirtschaftliche Probleme bekommen. Einige Zeltplätze sind gar von der Schließung bedroht.
von Jonas Jordan · 13. Juli 2020
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Die Corona-Krise hat sehr viel verändert, was das gesellschaftliche Zusammenleben angeht. Wie sind die Falken als sozialistischer Jugendverband davon betroffen?

Es hängt natürlich von den Regelungen der einzelnen Bundesländer und den jeweiligen Hygienemaßnahmen ab, wo Zeltlager stattfinden können und unter welchen Bedingungen das möglich ist. Das hat im Verband gerade im Frühjahr für Verunsicherung gesorgt. Mittlerweile wurden sehr viele Zeltlager abgesagt und nur wenige können unter besonderen Bedingungen stattfinden. Darunter leiden nicht zuletzt unsere Zeltplätze, die nun im Sommer keine Einnahmen haben. Wie sie den Rest des Jahres überhaupt überstehen sollen, ist in weiten Teilen noch unklar.

Das heißt, es gibt einen laufenden Betrieb, der weiter finanziert werden muss?

Genau. Zum einen haben wir Betriebsmittelkosten, zum anderen dürfen wir keine Einnahmen anhäufen, da wir gemeinnützig wirtschaften. Das ist auch unser Anspruch, um die Preise für die Zeltlager so günstig wie möglich zu halten. Gleichzeitig bedeutet das, dass wir jetzt große Schwierigkeiten bekommen, wenn über den Sommer keine Zeltlager stattfinden können. Denn ohne Zeltlager haben wir keinerlei Einnahmen.

Gibt es Zeltplätze, die von der Schließung bedroht sind?

Unser Zeltplatz auf Föhr kann diesen Sommer beispielsweise definitiv nicht aufmachen. Da geht es um die Existenz. Hinzu kommt, dass es schwieriger geworden ist, Fördermittel für Sanierungen und Bauvorhaben zu bekommen, weshalb unsere Zeltplätze in den letzten Jahren kleine Investitionsstaus angesammelt haben. Allerdings sind die hygienischen Anforderungen jetzt in der Corona-Krise noch einmal gestiegen, zum Beispiel um eine bessere Belüftungssituation für die Toiletten oder Einzelkabinen zum Duschen zu schaffen. Diese Investitionen sind für die Zeltplätze nicht zu stemmen, sodass sie nicht öffnen können.

Wie stellen Sie bei den Zeltlagern überhaupt sicher, dass die geforderten Abstandsregelungen eingehalten werden können?

Wir haben ein sehr umfängliches Hygienekonzept entwickelt. Unsere Zeltlager können sich gut von der sonstigen Öffentlichkeit isolieren. Wir haben eine feste Gruppe, die für drei Wochen ins Zeltlager kommt und den Zeltplatz in dieser Zeit auch nicht verlassen muss. Wir haben ursprünglich gefordert, dass Corona-Test-Kontingente für Jugendfreizeiten zur Verfügung gestellt werden, wie es sie ja auch für den Profisport gab. Dem ist die Politik leider nicht nachgekommen.

Und wie funktionieren die Zeltlager ohne Coronatests?

Die Bundesländer, die Zeltlagerfahrten zugelassen haben, erlauben die Aufteilung der Teilnehmer*innen in Kleingruppen von sechs bis acht Kindern bzw. Jugendlichen. Diese teilen sich ein Zelt und können untereinander keine Abstandsregelungen einhalten. Zu den anderen Gruppen auf dem Zeltlager werden aber strenge Abstandsregelungen und andere notwendige Maßnahmen eingehalten. So lassen sich mögliche Infektionswege im Zweifelsfall sehr gut kontrollieren.

In welchen Bundesländern sind Zeltlager unter Einhaltung dieses Hygienekonzepts möglich?

Kleinere Zeltlager werden zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein stattfinden. Unser Unterbezirk Nürnberg wird außerdem ein Zeltlager am Attersee in Österreich durchführen. Die meisten Gliederungen mussten ihre Zeltlager jedoch absagen und der Großteil unserer Zeltplätze wird daher ungenutzt bleiben, weshalb auch keine Einnahmen generiert werden können. Selbst wenn die Bundesländer jetzt am 19. Juli womöglich neue Lockerungen einführen hilft uns das nicht mehr, weil so kurzfristig natürlich keine Zeltlager durchgeführt werden können.

Sie haben eben bereits die wirtschaftlichen Schwierigkeiten durch die Corona-Krise angesprochen. Welche Unterstützung benötigen Sie?

Die im Konjunkturpaket vorgesehenen KfW-Kredite sind ein probates Mittel zur Überbrückung wirtschaftlicher Einbrüche im privaten Sektor. Für gemeinnützige Einrichtungen funktioniert das nicht, weil wir künftig keine Mehreinnahmen haben werden, mit denen wir einen Kredit zurückzahlen könnten. Deswegen brauchen wir Strukturhilfen für die weiteren Betriebsausfälle und unbürokratische Hilfe.

Hinzu kommt, dass nach den Kriterien des aktuellen Konjunkturprogramms keine Kosten als Betriebskosten abgerechnet werden können, die durch das unheimlich wichtige ehrenamtliche Engagement unserer Mitglieder und Helfer*innen entstehen. Solche Kosten fallen zum Beispiel für Reise und Verpflegung an, wenn eine Gruppe von 30, 40 oder 50 Genoss*innen auf einen Zeltplatz fährt, um notwendige Instandsetzungsarbeiten durchführen oder den Platz winterfest machen. Damit entgehen uns weitere wichtige Hilfszahlungen, die speziell auf den Ausgleich der Betriebskosten ausgerichtet sind.

Wir gehen aktuell davon aus, dass in jedem Falle ein weiteres Konjunkturprogramm aufgelegt werden muss. Dieses muss unbedingt die besondere Situation unserer Jugendzeltplätze und ähnlicher Einrichtungen berücksichtigen. Wenn dies nicht der Fall ist, könnten wichtige Teile der freien Kinder- und Jugendarbeit in Deutschland zusammenbrechen.

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Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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