Fakten und Argumente zu Klimaschutz, Kohleausstieg und Strukturwandel
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Was kann Deutschland schon tun, um weltweit das Klima zu retten? Wie hilft der Kohleausstieg, wenn ringsum neue Kohlekraftwerke gebaut werden? Welche Gefahren und Risiken bergen Energie- und Verkehrswende tatsächlich? Insgesamt zehn verschiedene Mythen nahmen die Autoren um Christof Arens vom Wuppertal-Institut auf, um die Debatte rund um den Klimaschutz zu versachlichen. Die Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung wurde in dieser Woche veröffentlicht, Arens stellte sie zusammen mit Mitautorin Anja Bierwirth sowie Klimafakten.de-Redakteur Toralf Staud und Germanwatch.de-Teamleiter Oldag Caspar in Berlin vor.
Eines der Beispiele, die Arens dabei aufgriff, sind die Mythen rund um den Ausstieg aus der Braunkohle. Der Strukturwandel in den Kohleregionen werde sowieso kommen, so der Politikwissenschaftler. Denn auch wirtschaftliche Gründe würden dafür sorgen, dass nach und nach der Abbau von Braunkohle beispielsweise in der Lausitz irgendwann gestoppt werde. „Insofern stellt sich die Frage nach dem Strukturwandel in den Braunkohlerevieren in jedem Fall, nicht nur aus Klimaschutzgründen“, schreiben die Autoren dazu in der Studie.
Strukturwandel statt Strukturbruch im Kohlerevier
Deshalb gehe es eher darum, so Arens weiter, wie der Ausstieg jetzt gestaltet werden könne, damit es nicht zu einem Strukturbruch kommt, der tatsächlich viele Menschen in den Kohelrevieren, unter anderem der Lausitz, treffen würde. Derzeit sind laut Studie rund 18.600 Menschen in der Braunkohleindustrie in Deutschland beschäftigt. Bis zum vereinbarten Ausstieg im Jahr 2038 werde noch rund ein Drittel der Arbeitnehmer in der Kohleindustrie beschäftigt sein – rund zwei Drittel wären dann bereits im Rentenalter, erläuterte Arens.
Ganz von der Hand zu weisen sind die Befürchtungen, die es beispielsweise in der Lausitz beispielsweis gibt, allerdings nicht, machte der Politikwissenschaftler klar: Es müssten auch neue Arbeitsplätze für die noch jungen Arbeitnehmer geschaffen werden. Außerdem gelte es, die Infrastruktur vor Ort zu erhalten. Eine Chance könne der Nahverkehr sein, wie Arens als Idee ergänzte: Dort würden schließlich schon jetzt rund 390.000 Menschen in Verkehrsunternehmen und Zulieferer-Betrieben arbeiten. Deren Arbeitsplätze seien obendrein regional gebunden, könnten nicht einfach verlagert werden und würden infolge der Verkehrswende sogar an Bedeutung gewinnen. Ein anderes Positivbeispiel hatte Arens ebenfalls parat: In der Lausitz ist schon ein Windkraft-Pionier ansässig, der vor Ort produziert und so Arbeitsplätze sichert – der Wandel sei also bereits im Gang.
Deutschland ist kein Klimaschutz-Vorreiter
Dass Deutschland eine Vorreiterrolle im Klimaschutz einnimmt, sei allerdings auch ein Mythos, der sich hartnäckig halte, ergänzte Oldag Caspar von germanwatch.de, der die Themen der Studie mit aufgriff. „Wir haben diese Vorreiterrolle nicht mehr inne.“ Um das wieder zu schaffen, könnte der CO2-Preis das richtige Instrument sein. Zusammen mit Toralf Staud, Redakteur bei Klimafakten.de, bezeichnete er die Idee, den Klimaemissionen in jedem Bereich einen Preis zu geben, als wichtigstes Projekt der aktuellen Regierung. „Das sind externalisierte Kosten“, erklärte Staud. Ob das per Steuer oder Emmissionshandel umgesetzt werde, sei letztendlich aber egal – es gehe schlicht darum, Klimaschäden in die Kalkulation aufzunehmen.
Auch wenn Deutschland nur für weltweit rund zwei Prozent der Kohlendioxidemissionen direkt verantwortlich sei, wäre das kein Argument, nichts zu tun, war Staud überzeugt. Geteilte Verantwortung würde ja niemanden aus der Verantwortung nehmen. „Es geht darum, dass jetzt die Hausaufgaben gemacht werden“, ergänzte Caspar in Richtung Politik, „wenigstens bis zum Jahresende“. Denn nach der Sitzung des Klimakabinetts steht schon die nächste große Klimasitzung an: Anfang Dezember beginnt der UN-Klimagipfel in Chile.
Die Studie „Die Debatte um den Klimaschutz – Mythen, Fakten, Desinformationen und Gestaltungschancen“ gibt es bei der Friedrich-Ebert-Stiftung zum kostenlosen Download.