Eva Högl nennt Pläne von Thomas de Maizière „aktionistisch“
Frau Högl, die Vorschläge von Thomas de Maizière für eine neue Sicherheitsarchitektur in Deutschland sorgen für Diskussionen. Wie lautet Ihr Urteil?
Die Vorschläge sind gekennzeichnet von Aktionismus. Ich habe allein 35 Punkte gezählt, von denen viele nicht begründbar und aktionistisch sind. Das widerspricht der bisherigen Art von de Maizière, mit dem wir in Bezug auf Asyl- und Sicherheitspolitik bislang gut zusammengearbeitet haben.
Was halten Sie vom Vorschlag, den Verfassungsschutz beim Bund zu zentralisieren?
Es ist überhaupt nicht sinnvoll, den Verfassungsschutz komplett auf die Bundesebene zu verlagern, weil auch ein Bundesverfassungsschutz regionale Stellen bräuchte. Dieser würde dann aber nicht mehr, wie aktuell der Fall, vor Ort parlamentarisch kontrolliert. Wir haben gerade erst den Verfassungsschutz reformiert und die Zentralstellenfunktion des Bundesamtes für Verfassungsschutz deutlich gestärkt. Damit lässt sich gut arbeiten.
Als Sprecherin des ersten NSU-Untersuchungsausschusses im Bund waren Sie direkt mit Versagen der Behörden konfrontiert. Warum führt der Vorschlag von de Maizière dennoch in die Irre?
Wir haben beim NSU gesehen, dass der Föderalismus dann hinderlich ist, wenn Informationen nicht weitergegeben werden. Mittlerweile gibt es jedoch das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ). Der Fall Amri zeigt ja, dass die Informationen gut weitergegeben wurden. Verbesserungsbedarf sehe ich in erster Linie bei der Zusammenarbeit zwischen Sicherheits- und Ausländerbehörden und nicht beim Verfassungsschutz.
Ein weiterer Vorschlag fordert mehr Kompetenzen für BKA und Bundespolizei. Gerade die wurden zuletzt personell geschröpft. Ein Widerspruch?
Als SPD fordern wir schon lange, die Bundespolizei und das BKA zu stärken. Dabei geht es aber weniger um Kompetenzen, sondern um die Ausstattung, vor allem personell. Ein Durchgriffsrecht des BKA auf die Ausländerbehörden, wie es de Maizière jetzt vorschlägt, lehne ich jedoch ab.
Ein Sicherheits-Papier von SPD-Chef Sigmar Gabriel betont die Bedeutung der Prävention. Zu Recht?
Das Papier macht deutlich, wie wichtig die Freiheit ist und dass ohne Freiheit keine Sicherheit möglich ist. Der Punkt „Prävention“ ist ein ganz wichtiger, denn wir müssen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern, dass Menschen radikalisiert werden. Das gilt für die Bereiche Islamismus und Salafismus genauso wie für den Bereich Rechtsextremismus.
Gerät dieser angesichts von mehr als 1.000 Straftaten gegen Asylbewerber und deren Unterkünfte allein im Jahr 2016 aktuell etwas aus dem Blick?
Ich sehe mit großer Sorge, dass rechtsextremistische Gruppen immer stärker werden und bis in den politischen Mainstream reichen. Prävention müssen wir ganz stark machen. Es darf nicht der Fehler wiederholt werden, den Rechtsextremismus aus dem Blick zu verlieren. Das hat nicht zuletzt der Umgang mit dem NSU gezeigt.