EU-Parlament verabschiedet entschärfte Dienstleistungsrichtlinie
Eine große Mehrheit (394 Jastimmen, 215 Neinstimmen) der Abgeordneten
stimmte gestern in Straßburg für die stark abgeschwächte Version der neuen
Regelungen des Dienstleistungsmarktes. Ein Bündnis zwischen Sozialisten
und Teilen der Konservativen ermöglichte die breite Mehrheit.
Die europaweiten Proteste von Arbeitnehmern und Gewerkschaften in letzter Zeit
hatten sich vor allem gegen das so genannte Herkunftslandprinzip gerichtet.
Das Prinzip bedeutet, dass sich Firmen nach den Vorschriften ihres
Herkunftslandes richten müssen, und nicht nach denen des Landes, wo sie ihre
Dienstleistungen anbieten. Gewerkschaften und Regierungsparteien vieler
Länder hatten befürchtet, dass damit nationale Sozial- und Umweltstandards
unterlaufen würden.
Die Europäische Kommission erhofft sich von der Neuregelung Impulse für
Wachstum und Beschäftigung. Denn trotz aller Einschränkungen bedeutet die
neue Regelung , dass das Zielland freien Marktzugang und freie Ausübung des
Berufs garantieren muß. Als zu schwach empfinden den Kompromiss
wiederum Vertreter der Wirtschaft und der osteuropäischen Staaten. In einer
gemeinsamen Erklärung von Vertretern osteuropäischer Staaten heißt es, die
neue Version der Dienstleistungsrichtlinie sei eine "Verwässerung und
Schwächung" der ursprünglichen Fassung.
Die neue Richtlinie sei wichtig und gut, da sie auch für die deutsche Wirtschaft
Vorteile berge, meinte SPD-MdEP Willi Piecyk. Es sei aber gelungen, "den
neoliberalen Amoklauf der Kommission zu stoppen". Mit der heutigen
Abstimmung hätte sich eine deutliche Mehrheit für ein soziales Europa
ausgesprochen, konstatierte er zufrieden. Nun richten sich alle Augen auf den
Ministerrat, in dem weiter über den Vorschlag diskutiert werden wird.
Zu dem Thema interessant zu lesen: Lippert, Inge, Öffentliche Dienstleistungen
unter EU-Einfluss- Liberalisierung- Privatisierung- Restrukturierung-
Regulierung, Edition Sigma, Berlin 2005
Mark Herten
Quellen: www.europarl.eu.int, www. piecyk.de, Financial Times Deutschland