Inland

EU-Kommission reagiert auf erste europäische Bürgerinitative

von Carl-Friedrich Höck · 20. März 2014

Die EU-Kommission hat zu einer europaweiten Bürgerinitiative Stellung genommen, die ein Recht aller Menschen auf sauberes Trinkwasser einfordert. Die Kommission begrüßt die Initiative. Dass die Wasserversorgung in öffentlicher Hand bleibt, will sie aber nicht garantieren. 

Es war die erste erfolgreiche europäische Bürgerinitative in der Geschichte. Knapp 1,7 Millionen Menschen haben den Aufruf „Right2Water“ unterzeichnet. Sie fordern: Die EU müsse allen Bürgern einen Zugang zu Wasser und sanitärer Versorgung sichern. „Die Wasserwirtschaft ist von der Liberalisierungsagenda auszuschließen“, heißt es in dem Text.

Bis zu diesem Mittwoch hatte die EU-Kommission Zeit, sich zu der Bürgerinitative zu äußern. Das hat sie nun getan – und die Initiatoren gelobt. „Die Bürgerinnen und Bürger Europas haben ihr Anliegen vorgebracht, und die Kommission hat heute positiv darauf reagiert“, sagte Kommissions-Vizepräsident Maros Sefcovic. In einer Mitteilung der Kommission heißt es, diese habe bereits im vergangenen Jahr „als direkte Folge von Bedenken der Öffentlichkeit die Bereitstellung von Wasserdienstleistungen aus der Richtlinie über die Konzessionsvergabe ausgeschlossen“. Kritiker hatten befürchtet, durch diese Richtlinie könnten staatliche Einrichtungen gezwungen werden, die Wasserversorgung zu privatisieren.

Darüber hinaus bleibt die EU-Kommission in ihrer Stellungnahme vage. Unter anderem will sie die EU-Mitgliedstaaten auffordern, dem Anliegen der Bürger Rechnung zu tragen. Und sie will prüfen, ob Richtwerte für die Wasserqualität aufgestellt werden sollen sowie einen Dialog über mehr Transparenz in der Wasserwirtschaft fördern.

Kein Bekenntnis gegen Privatisierung

In einem entscheidenden Punkt kommt die Kommission der Bürgerinitative nicht entgegen. Zwar will sie „sicherstellen, dass die auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene getroffenen Entscheidungen über die Verwaltung von Wasserdienstleistungen respektiert“ werden. Damit spielt sie den Ball an die Mitgliedstaaten weiter. Ein Bekenntnis, dass die Wasserversorgung in öffentlicher Hand bleiben soll, ringt die Kommission sich aber nicht ab.

„Die EU-Kommission hat heute die Tür für weitere Privatisierungen geöffnet“, bewertete der SPD-Europaabgeordnete Matthias Groote die Stellungnahme. Und seine Kollegin Evelyne Gebhardt, Verbraucherschutzexpertin der SPD im Europaparlament, schimpfte: „Das ist unverantwortlich“. Die Kommission entziehe sich der Verantwortung, wenn sie die Aufgabe, das Recht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung gesetzlich zu verankern, nur den nationalen Regierungen übertrage.

Auch die Initiatoren von „Right2Water“ reagierten enttäuscht. „Die Reaktion der Europäischen Kommission ist wenig ambitioniert“, sagte Jan Willem Goudriaan, Vizepräsident Bürgerinitative. „Ich bedauere, dass es keinen Gesetzesvorschlag für die Anerkennung des Menschenrechts auf Wasser gibt.“ Zu begrüßen sei aber die Selbstverpflichtung der Kommission, den universellen Zugang zu Wasser und Abwasserentsorgung im Rahmen der Entwicklungspolitik zu fördern.

Bürgerinitiativen bisher unverbindlich

Der Verein „Mehr Demokratie“ kritisiert, dass europäische Bürgerinitiativen keinen verbindlichen Einfluss auf die EU-Gesetzgebung haben. „Das Instrument ist nach wie vor zahnlos“, sagte Bundesvorstandssprecher Ralf-Uwe Beck. Die Unterzeichner seien auf das Wohlwollen der EU-Kommission angewiesen. Nichtsdestotrotz begrüßt der Verein laut Beck, dass die Kommission „das Anliegen der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner ernst nimmt“.

Auch der deutsche Staatsminister für Europa Michael Roth betonte, die Bürger könnten sich über die erste erfolgreiche europäische Bürgerinitiative freuen. „Das Instrument der Bürgerinitiative fördert durch gesamteuropäische Debatten auch eine europäische Öffentlichkeit. Davon brauchen wir noch mehr in Europa.“ Die SPD will Bürgerinitiativen stärken. Im Wahlprogramm zur Europawahl heißt es: „Wir wollen die bestehende europäische Bürgerinitiative besser nutzen, damit Bürgerinnen und Bürger noch stärker auf die europäische Gesetzgebung einwirken können.“ 

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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