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EU-Abgeordneter Bullmann: "Gier führt in die Katastrophe"

von Carl-Friedrich Höck · 1. März 2013

Die EU will Boni für Bankmanager begrenzen. Darauf haben sich die Mitgliedsstaaten mit Vertretern des EU-Parlaments geeinigt. Einer von ihnen war der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann. Im Interview mit vorwärts.de erklärt er, was die neue Regel bringen soll.

vorwärts.de: Sie haben sich dafür eingesetzt, die Boni für Banker zu begrenzen.  Was wollen sie damit erreichen?

Bullmann: Angeführt von der sozialdemokratischen  Fraktion haben wir eine Deckelung von Bonuszahlungen auf die Höhe des  Grundgehalts durchgesetzt. Diese Deckelung kann nur durch eine Supermehrheit  der Aktionäre einer Bank auf die doppelte Höhe des Grundgehalts angehoben werden. Damit wird ein schwerer Fehler in der Finanzindustrie bereinigt. Die Aussicht auf eine riesige Zusatzzahlung am Ende des Jahres hat starke Anreize zum Zocken mit den Einlagen der Sparer geliefert. Ich verspreche mir von einer Deckelung der Bonuszahlungen einen Wandel in der Unternehmenskultur. Banken sollen wieder Dienstleister der Bürger und der Realwirtschaft werden. Die Vergütung muss an langfristigen wirtschaftlichen Erfolg gekoppelt werden. Außerdem kann Geld aus Bonustöpfen, klug anderweitig investiert, so manches Zahnrad im Getriebe der europäischen Wirtschaft ölen.

Künftig sollen die Boni nur noch so hoch ausfallen wie das feste Grundgehalt. In Ausnahmefällen können sie doppelt so hoch sein. Warum schafft man Boni nicht gleich ganz ab?

Der Grundgedanke einer Zuzahlung im Falle guter wirtschaftlicher Entwicklung  ist ja nicht vollkommen abwegig. Die Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmenserfolg ist eine Forderung, die auch wir Sozialdemokraten unterstützen. In der Finanzindustrie standen Bonuszahlungen jedoch weder vor noch nach der Krise in einem angemessenen Verhältnis zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Zudem hat ihre schiere Höhe in Relation zum Grundgehalt starke Anreize zu hochriskanten Geschäftsaktivitäten gegeben. Deshalb werden Bonuszahlungen nicht verbieten, aber wirksam und absolut nach oben begrenzen.

Wer prüft denn überhaupt, ob die neue Regel eingehalten wird?

Die Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der EU-Finanzminister und der EU-Kommission wird geltendes Recht. Daher wird es die Zuständigkeit und die Pflicht der Bankaufsichtsbehörden in den Mitgliedstaaten und auf europäischer Ebene sein, ihre Einhaltung zu garantieren. Wir bewegen uns hier also innerhalb eines ganz normalen Gesetzgebungsprozesses, nach dessen Ergebnis sich dann jede Bank in Europa zu richten hat.

Die europäischen Banken argumentieren, die Boni-Begrenzung erschwere es ihnen, ihre Spitzenkräfte in Europa zu halten. Was entgegnen sie ihnen?

Das halte ich für eine plumpe Ausrede, zu der mir vor allem zwei Gedanken einfallen. Erstens ließe sich lange über die Definition von "Spitzenkraft" diskutieren, die diesem Argument zugrunde liegt. Ich möchte nicht, dass in Europas Banken jene Mitarbeiter dominieren, die allein des Geldes wegen dort arbeiten. Denn wie die Krise gezeigt hat, führt Gier in die Katastrophe. Zweitens verbieten wir mit dieser Reform der Vergütungssysteme niemandem, der dies durch seine Leistung rechtfertigt, gutes Geld zu verdienen. Das Europaparlament kann aber nicht die Interessen einer Minderheit vertreten, der eine Verdreifachung des Grundgehalts nicht ausreicht.

Sehen Sie eine Möglichkeit, dass die Banken die  neue Boni-Regelung durch andere Gehaltsformen umgehen?

Die Deckelung des Bonus auf die Höhe des Grundgehalts kann nur durch eine Entscheidung der Eigentümer einer Bank erhöht werden. Bei der doppelten Höhe des Grundgehalts ist aber in jedem Fall Schluss. Banker, die sich für einen größeren Teil sehr langfristiger Instrumente entscheiden, die dann frühestens nach fünfjähriger Verspätung ausgezahlt werden, bekommen einen Inflationsausgleich zugestanden. Aber selbst damit kommen sie nur minimal über die Deckelung von 1:2 hinaus. Von einer Aufweichung in Richtung 1:3 oder mehr kann also gar keine Rede sein. Wir haben  sehr genau darauf geachtet, dass Schlupflöcher wie die Ausnahme ausländischer Tochterfirmen verhindert wurden.

Was entgegnen Sie  denen, die Boni-Obergrenzen für das Ergebnis einer Neid-Debatte halten?

Nochmal: Wir deckeln nicht, wer wieviel verdienen darf, sondern das Verhältnis zwischen Bonus und Grundgehalt. In Zeiten sinkender Löhne, eingefrorener Renten und leerer öffentlicher Kassen ist dieser Schritt für mehr Maß und Gerechtigkeit überfällig. Im Übrigen habe ich aber auch keine Scheu vor einer Debatte über die absolute Höhe von Gehältern. Eine öffentliche Diskussion darüber, welche Unterschiede zwischen Oben und Unten in einer Gesellschaft existieren, was davon gerechtfertigt ist und was nicht, und wieviel davon unsere soziale Ordnung aushält, kann uns nur gut tun. 

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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