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Erwerbstätigenkonto: So sieht Andrea Nahles' Alternative zum Grundeinkommen aus

Für Arbeitsministerin Andrea Nahles ist das bedingungslose Grundeinkommen keine Antwort auf den digitalen Wandel. Dafür präsentierte sie auf der re:publica eine realisierbare Alternative: das Erwerbstätigenkonto.
von Vera Rosigkeit · 9. Mai 2017
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Die Idee eines Grundeinkommens für alle ist nicht neu, doch mit dem digitalen Wandel bekommt sie eine neue Dimension. Was, wenn technologischer Fortschritt und Robotik Arbeitskraft ersetzen und nicht mehr genug Lohnarbeit für alle vorhanden ist? Ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte zudem – emanzipatorisch gedacht – die Möglichkeit eröffnen, sich vom Zwang der Erwerbsarbeit befreien zu können.

Sozialabbau durch Grundeinkommen

Ist das Grundeinkommen also eine Antwort auf den digitalen Wandel? Diese Frage scheint wie geschaffen für eine Diskussion auf der re:publica, einer Konferenz rund um die Themen der digitalen Gesellschaft, die bis zum 10. Mai in Berlin stattfindet.

Und es ist Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, die diese Frage vor zahlreichem Publikum verneint. Ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte ihrer Meinung nach vor allem zum Abbau von Sozialleistungen beitragen. „Das Grundeinkommen wird nicht kommen, auch wenn wir noch so lange diskutieren. Und wenn es kommt, dann als Sozialabbauvariante“, warnt sie. Auch den möglichen Effekt, dass das Grundeinkommen zu einer besseren Entlohnung führe, sieht Nahles kritisch.

Das Grundeinkommen könne vielmehr einen gegenteiligen Effekt haben, ähnlich wie bei den Minijobs, „wo Frauen nur hinzuverdienen“. Vor allem aber sieht Nahles die dringende Notwendigkeit, in den kommenden Jahren verstärkt in Bildung und Qualifizierung zu investieren. Diese große Investitionsaufgabe sei finanzierbar, betont sie. Allerdings nicht, „wenn wir gleichzeitig das Grundeinkommen einführen – das ist nicht realistisch und wir müssen uns entscheiden“, sagt sie.

Erwerbstätigenkonto als Alternative

Was aber ist realistisch? Sie arbeite gerne an Dingen, die umsetzbar sind und habe sich Alternativen überlegt, sagt Nahles. „Unsere Idee ist, jedem Arbeitnehmer und jeder Arbeitnehmerin ab dem 18. Lebensjahr ein steuerfinanziertes Startguthaben zur Verfügung zu stellen“, erklärt sie.

Dieses Guthaben, auch Erwerbstätigenkonto genannt, soll neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Ob beim Sprung in die Selbstständigkeit oder zur Finanzierung von Qualifizierung, bei einem ehrenamtlichen Engagement oder um beispielsweise in der „Rushhour des Lebens“ die Arbeitszeit zu reduzieren – grundsätzlich sollte jeder möglichst frei entscheiden können, wofür er das zur Verfügung gestellte Geld ausgeben möchte. So der Plan. Die Idee des Erwerbstätigenkontos sei bei der Arbeit am Weißbuch 4.0 entstanden, erzählt die Arbeitsministerin. Nahles ist sicher, dass der Vorschlag die Arbeitskultur und die Arbeitzeitdebatte revolutionieren werde, denn sie will das Erwerbstätigenkonto als Rechtsanspruch formulieren.

„Es soll eine Art Sozialerbe für alle jungen Menschen unabhängig von ihre Herkunft sein“, sagt Nahles und räumt die Möglichkeit ein, Menschen mit einem geringeren Bildungsabschluss mehr Startguthaben zu geben als Menschen mit einem höherem Abschluss. Das Erwerbstätigenkonto ermögliche eine finanzierte Auszeit und es ersetze keine einzige Sozialleistung, so Nahles. Das sei ein wesentlicher Unterschied zu vielen Konzepten des bedingungslosen Grundeinkommens. 15.000 bis 20.000 Euro pro Kopf wären ihrer Ansicht nach finanzierbar.

Kein Ende der Arbeit in Sicht

Wie sie dies dem Finanzminister erklären werde? Nahles: „Das kostet ein paar Milliarden, aber es lässt sich finanzieren.“ Die Frage, ob das Guthaben an eine vorhandene Erwerbstätigkeit gebunden sei, verneinte die Ministerin. Man könne es auch an das Lebensalter koppeln und den Betrag staffeln.

Warum sie davon ausgehe, dass Arbeit den Menschen guttue, obwohl der Druck auf die Arbeitnehmer steige? Selbst wenn Arbeit nicht gut entlohnt werde, gebe sie den Menschen Sinn, Würde und einen Fokus im Leben, antwortet Nahles. Gleichzeitig räumt sie aber ein, dass das Erwerbstätigenkonto vorhandene Machtverhältnisse nicht auflösen könne. Vor allem aber ist sie sicher, dass trotz Umwälzung durch die Digitalisierung menschliche Arbeit nicht ausgehen werde.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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