Erste Lesung im Bundestag: Gesetz für mehr Frauen in Vorständen ist auf dem Weg
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878 Vorstandsmitglieder haben die 200 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland insgesamt. Nur 101 von ihnen sind Frauen, gerade mal zwölf Prozent. Das hat Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Ende vergangenen Jahres ermittelt. Um das zu ändern, hat die Bundesregierung im Januar das „Zweite Führungspositionengesetz“ auf den Weg gebracht. „Wir sorgen dafür, dass es künftig keine frauenfreien Vorstandsetagen in den betreffenden großen deutschen Unternehmen mehr geben wird“, sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey bei der Vorstellung. Am Donnerstag wird der Entwurf nun in erster Lesung im Bundestag beraten.
In Vorständen von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten, die mehr als drei Mitglieder haben, muss danach künftig mindestens ein Mitglied eine Frau sein. Laut Ministerium werden davon rund 70 Unternehmen betroffen sein, von denen rund 30 zurzeit keine Frau im Vorstand haben.
Unternehmen ohne Frau im Vorstand können sanktioniert werden
Zudem müssen nach dem Gesetzentwurf Unternehmen künftig eine Begründung liefern, wenn sie sich das Ziel setzen, keine Frauen in den Vorstand zu berufen (die sogenannte Zielgröße Null). Unternehmen, die keine Zielgröße festlegen oder keine Begründung für die Zielgröße Null angeben, können zudem sanktioniert werden. „Wir haben über Jahre hinweg gesehen: Freiwillig tut sich sehr wenig und es geht sehr langsam“, sagte Franziska Giffey. Die neuen Regelungen schafften endlich Verbindlichkeit. Giffey sprach deshalb von einem „Meilenstein für mehr Frauen in Führungspositionen“.
Der Bund soll dabei nach dem Willen der Regierung eine Vorbildwirkung haben: So soll die bereits bestehende feste Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent in den Aufsichtsräten auf Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes ausgeweitet werden. Betroffen sind etwa die Deutsche Bahn, die Bundesdruckerei oder die Deutsche Flugsicherung. Für die rund 90 Unternehmen soll außerdem eine Mindestbeteiligung von einer Frau in Vorständen, die mehr als zwei Mitglieder haben, eingeführt werden.
Lambrecht appelliert an Unternehmen
„Damit geben wir qualifizierten und motivierten Frauen endlich auch auf Ebene der Geschäftsführung die Chancen, die sie verdienen“, sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, die den Gesetzentwurf gemeinsam mit Giffey erarbeitet hat. Die Quote in Aufsichtsräten zeige, dass sich nicht nur die Zusammensetzung der Führungsgremien verändere, sondern sie sich auch auf die gesamte Unternehmenskultur auswirke. „Nutzen Sie diese Chance“, appellierte Lambrecht an die Unternehmen.
„Vorstände börsennotierter und zugleich paritätisch mitbestimmter Unternehmen, die ausschließlich von Männern besetzt sind, gehören bald der Vergangenheit an“, freuten sich die zuständige Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion, Josephine Ortleb, sowie deren familienpolitischer Sprecher Sönke Rix. „Erstmals wird es verbindliche Vorgaben für mehr Frauen in Vorständen geben.“
Giffey: „Meilenstein für mehr Frauen in Führungspositionen“
Das Gesetz werde sich nicht nur positiv für Frauen in Führungspositionen auswirken, sondern auch dazu beitragen, die Aufstiegschancen aller Frauen zu verbessern und die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen, sind die beiden SPD-Abgeordneten überzeugt. Sie seien deshalb froh, dass CDU und CSU ihren langanhaltenden Widerstand gegen die Vorstandsquote schließlich aufgegeben hätten. „Ich fand es ganz, ganz bedrückend, mit welch vehementem Widerstand die Union gegen eine Frauenquote in DAX-Vorständen gekämpft hat“, sagte SPD-Kanzlerkandidat beim Auftakt seiner digitalen Deutschlandtour am Mittwoch in Potsdam. Ein von ihm geführtes Kabinett werde „auf jeden Fall paritätisch besetzt sein“.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.