Erfolg beim Mindestlohn – Streit um Leiharbeit und Werkverträge
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Um den Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen zu verhindern, hatten sich CDU, CSU und SPD bereits 2013 im Koalitionsvertrag auf Regelungen geeinigt. Dort wurde im Kapitel „Gute Arbeit und Soziale Sicherheit“ festgelegt, die Überlassung von Arbeitnehmern an einen Entleiher gesetzlich auf 18 Monate zu begrenzen. Außerdem sollen Leiharbeitnehmer künftig spätestens nach neun Monaten „hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit den Stammarbeitnehmern gleichgestellt werden“, heißt es dort. Das entspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz, wonach Arbeitnehmer gleichen Lohn für gleiche Arbeit verlangen können. Und: Der Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher soll verboten werden.
Widerstand gegen das Gesetz zur Begrenzung von Leiharbeit
Im November vergangenen Jahres hatte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag in einen Gesetzentwurf gebracht, um bei Leiharbeit und Werkverträgen schärfere Regeln durchzusetzen. Leiharbeit sei ein wichtiges Instrument, um Auftragsspitzen abzufedern, sie dürfe aber kein Einfallstor für Lohndumping und unfaire Arbeitsbedingungen sein, stellte Nahles darin klar.
Doch wie schon bei der Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns, kündigten Arbeitgeber unmittelbar nach Bekanntgabe des Gesetzes heftigen Widerstand an. Der Entwurf sei praxisfern und undurchführbar, so die Kritik. Und auch die Union schloss sich dem Widerstand an: Man könne die Flexibilität von Unternehmen in diesen Zeiten nicht einschränken, hieß es.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer behauptete im Interview mit dem Tagesspiegel, die Arbeitsministerin würde meilenweit über die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag hinausgehen. Gleichzeitig hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf einem Arbeitgebertag im November angekündigt, sich für Änderungen einzusetzen. Mitte Dezember stoppte sie den Entwurf und setzte neue Verhandlungen an.
DGB: Wirksam gegen Leiharbeit vorgehen
Am Donnerstag nun hat Angela Merkel im Anschluss an ihren Besuch bei der Bundesvorstandsklausur des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) erklärt, dass sie zu den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages stehe und das Thema Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit schnell angehen will. Merkel erklärte, dass es bei der Leiharbeit eine gute Grundlage gebe, eine Lösung zu finden, räumte aber gleichzeitig ein, dass es bei den Werkverträgen komplizierter sei.
Damit bleibt zunächst offen, wie die Verhandlungen weitergehen. DGB-Chef Reiner Hoffmann erklärte gegenüber Bundeskanzlerin Merkel, dass es beim Gesetz nicht nur um eine schnelle Lösung gehe, sondern um wirksame Regeln, die den „Missbrauch von Werkvertragsarbeit und Leiharbeit deutlich begrenzen können“. Er bekräftigte die Forderung, dass das Gesetz in der ersten Jahrshälfte 2016 verabschiedet werden soll.
Ein Jahr Mindestlohn
Unterdessen freuen sich SPD und Gewerkschaften über die „Erfolgsstory Mindestlohn“. Seit dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro für alle Arbeitnehmer. Die von Arbeitgebern sowie der Union prognostizierten negativen Arbeitsmarkteffekte sind ausgeblieben. Statt Arbeitsplätze zu gefährden, hat im Gegenteil die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung um fast 700.000 Stellen zugenommen – ein Plus von 2,2 Prozent.
„Laut Statistischem Bundesamt kommt der Mindestlohn genau dort an, wo die Löhne am niedrigsten waren: bei Ungelernten, Beschäftigten in Dienstleistungsbranchen und in Ostdeutschland“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzel. „Bundesweit konnten Ungelernte im Schnitt ein Lohn-Plus von 3,3 Prozent verbuchen, in den ostdeutschen Bundesländern sogar neun Prozent", fügte er hinzu. Insgesamt profitieren 2,7 Millionen Menschen von mehr Lohn und es gibt 50.000 Aufstocker weniger.
Zum einjährigen Geburtstag des Mindestlohns finden überall im Land Aktionen des DGB statt. Mehr Informationen finden Sie auch unter #1JahrMindestlohn.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.