Energisch, laut, klar: So kontert Scholz die Kritik von CDU-Chef Merz
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Die Rethorik und Gestik des Bundeskanzlers an diesem Mittwoch im Bundestag ist energisch: Olaf Scholz reckt mehrmals die Faust in die Luft, schlägt mit der Hand auf das Pult, ruft in das Mikrofon, als er nach Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) spricht. Der Kanzler spricht den CDU-Chef immer wieder direkt an, kritisert seine Wortwahl, widerlegt seine Behauptungen. Es ist deutlich: Mit der Haushaltsdebatte ist die Sommerpause des Bundestags vorüber.
Während sich der Unionspolitiker an der Bundesregierung abarbeitet und Olaf Scholz direkt Führungs- und Verantwortungslosigkeit vorwirft, erwidert Scholz mehrmals und energisch: „Wir haben Probleme schon gelöst, bevor sie überhaupt darüber gesprochen haben.“ An anderer Stelle: „Es ist schon erledigt, bevor sie es überhaupt ausgesprochen haben!“ Er sagt es laut, zeitweise wirft sein Anzug Falten, weil er seine Aussagen mit deutlicher Gestik immer wieder unterstreicht, die Faust mehrmals hoch in die Luft streckt.
Scholz: Probleme mit Bedacht und Tempo gelöst
Als Beispiele nennt er den Aufbau der LNG-Terminals, um Flüssiggas zu importieren und damit die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren. Die ersten Terminals, daran erinnert Scholz, werden schon zum Jahreswechsel in Betrieb gehen – nachdem im Frühling der Bau beschlossen wurde. Ein Tempo, auf das der Kanzler sichtlich stolz ist und das er auch der Unions-Fraktion unter die Nase reibt: „Weil wir uns mit Bedacht auf ein Problem vorbereitet haben, über das sie damals noch nicht einmal gesprochen haben“, sagt er mit Blick auf die Bundestags-Debatten nach Ausbruch des Kriegs im Frühjahr. Dort hatte damals Friedrich Merz noch ein komplettes russiches Gas-Embargo gefordert.
Weitere Beispiele: die Rückkehr der Kohlekraftwerke zur Strom- und Wärme-Erzeugung, aber auch die jüngsten Bemühungen, den Ausbau der Erneuerbaren Energien wieder voranzutreiben. „Eine richtige Entscheidung, eine notwendige Entscheidung“, so der Bundeskanzler, als er die vielen Entlastungsmaßnahmen aufzählt, die die Ampel-Koalition jüngst beschlossen hatte. Er erwähnt, dass die Bundesregierung an vielen Stellen die Baustellen abräumen musste, die die vorherigen CDU-geführten Regierungen hinterlassen hatten. Sei es beim Ausbau der Erneuerbaren oder beim Füllen der Gasspeicher. „Wenn wir so gehandelt hätten wie sie voriges Jahr, dann hätten wir jetzt quasi nichts“, sagt Scholz mit Blick auf die Gasspeicher. Der größte Gasspeicher Europas im niedersächsischen Rehden war in der Vergangenheit an Gazprom verkauft worden und zu Beginn des Krieges in der Ukraine Ende Februar praktisch leer. Gazprom hatte ihn systematisch leerlaufen lassen. Wenige Wochen später stellte die Bundesregierung den Speicher unter Verwaltung der Bundesnetzagentur, Gazprom Germania wurde enteignet.
Gasspeicher: CDU-Fehler korrigiert
Inzwischen sind die deutschen Speicher insgesamt wieder mit rund 85 Prozent gefüllt, was Scholz am Mittwoch zu einer vorsichtigen Prognose veranlasst: Deutschland werde wohl durch den Winter kommen. „Das ist die Sache, die wir gemacht haben!“ Und er zeigt sich auch immer wieder überzeugt davon, dass Deutschland als Land, die Bevölkerung in dieser Krise zusammenstehe, dass das Land über sich hinauswachsen werde. Für die Bundesregierung gelte weiterhin das Motto: „You’ll never walk alone“, wiederholt Scholz, „wir lassen niemanden alleine“.
An einigen Stellen wagt er außerdem einen Blick über den Winter hinaus: „Die Skeptiker hatten unrecht“, sagt er mit Blick auf das erfolgreiche 9-Euro-Ticket und erinnert an das Nachfolgeticket, über das nun diskutiert wird: „Eine gute Entscheidung, aus der Krise gewachsen, aber für viel längere Zeit sinnvoll!“ Ähnliches gilt für Scholz für die Energieerzeugung – wo er vor allem die Blockadehaltung der CSU abwatscht: „Wir hätten schon ein paar Probleme weniger, wenn es nicht den heroischen Kampf der CSU gegeben hätte, sodass noch nicht alle Stromleitungen in den Süden errichtet wurden!“
Scharfe Kritik an Unions-Energiepolitik
Dabei bleibt er allerdings in seiner Rede, die immer wieder von lautem Applaus unterbrochen wurde, nicht stehen: „Sie waren unfähig, den Ausbau der Erneuerbaren Energien herbeizuführen“, ruft er in Richtung der Unions-Politiker*innen und vor allem Fraktionschef Merz, „Sie hatten nie die Kraft in etwas einzusteigen!“ Stattdessen habe die Union Abwehrkämpfe geführt gegen jede einzelne Windkraftanlage. „Und jeder Abwehrkampf der letzten Jahre schadet unserem Land noch heute. Das waren Sie“, ruft er in den Applaus des Bundestages hinein.
Der Tenor von Scholz' eigener Regierung indes: Es komme auf den Zusammenhalt in der Krise an – innerhalb von Deutschland, aber auch in Europa, mit der Nato und den USA. Das wird an mehreren Stellen deutlich, wenn er von der konzertierten Aktion spricht, vom gemeinsamen „Unterhaken“ in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik in Deutschland, aber auch der internationalen, gemeinsamen Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Imperialismus. Das angegriffene Land werde Unterstützung erhalten, so lange es notwendig sei, „aber wer für Alleingänge plädiert“, so Scholz, „der sollte dieses Land nicht regieren!“