Inland

„Energiewende von unten“

von Kai Doering · 10. April 2013

Sie möchte einen Euro – von jedem Deutschen, jedes Jahr. Mit dem Geld sollen Solaranlagen für Schulen und Jugendeinrichtungen finanziert werden. Im Interview mit vorwärts.de sagt Erika Wagner, warum Energiesparen gelernt werden muss und was Umweltminister Altmaier von ihren Plänen hält.

vorwärts.de: Die „Stiftung Solarbürger“, die Sie gegründet haben, möchte von jedem Bundesbürger pro Jahr einen Euro einsammeln. Was haben Sie damit vor?

Erika Wagner: Wir wollen das Geld für die nachkommende Generation einsetzen, damit sie mit Erneuerbaren Energien aufwächst. Konkret geht es darum, die etwa 50 000 Einrichtungen der Kinder- und Jugendbetreuung sowie rund 30 000 Schulen in Deutschland mit Solaranlagen auszustatten, mit denen sie ihren Strom selbst erzeugen. Unser Ziel ist, den Einrichtungen die Anlage komplett zu schenken. Zum Glück konnten wir an die bereits bestehende Stiftung „Neue Energie“ bei der GLS-Bank andocken und dort einen Stiftungsfonds gründen. Das hat uns den Start sehr erleichtert.

Sie wollen alle Jugendeinrichtungen und Schulen in Deutschland energieautonom machen?


Das ist vielleicht etwas hoch gegriffen. Uns ist wichtig, dass Kinder sehen, wie Energie auch erzeugt werden kann und dass der Strom nicht einfach aus der Steckdose kommt. Das Bundesumweltministerium stellt Messgeräte zur Verfügung, sodass die Kinder direkt sehen können, wieviel Strom auf ihrem Dach gerade entsteht.

Was soll mit dem Geld passieren, das eingespart wird?

Das behalten die Einrichtungen zur eigenen Verfügung. Zumindest einen Teil sollen sie aber verpflichtend in Bildungsmaßnahmen stecken, mit denen die jungen Menschen lernen, Energie zu sparen. Aus meiner Sicht ist die wichtigste Energiequelle das Energiesparen. Wenn wir das nicht hingekommen, scheitert die gesamte Energiewende. Allerdings kommt das Energiesparen nicht von allein, sondern muss gelernt werden.

Was hat Sie bewogen, die „Solarbürger“ zu gründen?

Seit Fukushima wird viel über die Energiewende geredet. Passiert ist bisher aber leider viel zu wenig. Ich finde es schade, dass immer nur über Energiepreise geschimpft wird, obwohl jeder selbst aktiv werden kann. Mit unserer Stiftung wollen wir dem Bundesumweltminister einen kleinen Baustein in seine leere Schublade legen und die Energiewende von unten vorantreiben.

Was sagt Peter Altmaier dazu?

Er schätzt uns sehr und hat kurz vor Weihnachten sogar den ersten Euro auf unser Stiftungskonto eingezahlt.

Wieviel Geld brauchen Sie, um tatsächlich alle Einrichtungen mit einer Solaranlage auszustatten?

Bei einem Preis von zehn- bis zwölftausend Euro pro Anlage wären das etwa 16 Milliarden Euro. Das klingt erstmal illusorisch, ist aber machbar. Vor allem weil das Projekt auch großes wirtschaftliches Potenzial hat. Eine unserer wenigen Bedingungen ist, dass die Solaranlagen aus deutscher oder europäischer Produktion stammen und Handwerker aus der Region sie installieren.

Haben Sie denn schon Bewerbungen von Einrichtungen, die eine Solaranlage auf ihrem Dach haben wollen?

Das Interesse ist riesengroß. Schon beim offiziellen Start unserer Stiftung Ende vergangenen Jahres in Bochum waren zwei Schulen von dort dabei. In den letzten Wochen haben sich diverse Kindergärten und Schulen gemeldet, die gerne eine Solaranlage hätten. Bisher kommen sie allerdings fast ausschließlich aus dem Ruhrgebiet. Deshalb sind wir zurzeit auf der Suche nach Botschaftern, die uns vor Ort bekannt machen, auch über Nordrhein-Westfalen hinaus.

Spendenkonto
Empfänger: Stiftung Neue Energien
Stichwort: "Solarbürger"
GLS Gemeinschaftsbank e.G. Bochum
Konto: 1919
BLZ: 430 609 67

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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