Das Potsdamer Institut für Nachhaltigkeitsforschung IASS hat die Plattform Energiewende ins Leben gerufen. Exekutivdirektor Klaus Töpfer hofft, damit den stotternden Reformmotor wieder zum Laufen zu bringen und die Diskussion zu versachlichen.
Es war eine deutliche Kritik an der schwarz-gelben Bundesregierung. Und eine Mahnung an Opposition, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. „Es darf nicht zu einer Zerfaserung des Gemeinschaftswerkes Energie-Wende kommen“, forderte Klaus Töpfer bei der Auftaktveranstaltung zu einer neuen Forschungsinitiative seines Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS). Noch, so bekräftigt der ehemalige Umweltminister und Vorsitzende der Ethikkommission „Sichere Energieversorgung“, trage ein breiter Konsens die Wende. Gleichwohl, so konstatiert er rund ein Jahr nach Fukushima und mit Blick auf den Ausstieg aus der Atomkraft, „stottert der Motor der Umsetzung, er läuft nicht rund.“
Dies ist das Spannungsfeld, in dem sich die Veranstaltung Anfang März im Berliner Humboldt-Carré bewegte. Die Potsdamer Wissenschaftler um Töpfer suchen den Weg nach vorne: Ihr Instrument heißt „Transdisciplinary Panel on Energy Chance“ (TPEC) – kurz: Plattform Energiewende.
Offen und sachlich diskutieren
Ziel der Plattform Energiewende ist es, den gewaltigen Herausforderungen der Energiewende zu begegnen. Dazu soll ein breiter und wissenschaftlich fundierter Dialog angeregt werden. Eine parteipolitische oder auf reine ökonomische Aspekte reduzierte Diskussion würde den erwünschten Schwenk in der Energieerzeugung gefährden. Dieser könne nur gelingen, wenn die Debatten in Politik und Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft zusammengeführt werden.
Kurzum: Es bedürfe eines gesteuerten Gesamtprozesses. „Wir müssen endlich einsehen, dass diese Energiewende nur gelingt, wenn wir ein richtiges Projektmanagement haben“, so Töpfer. Nur durch wirtschaftlich und technologisch abgewogene und durch die Zivilgesellschaft akzeptierte Lösungen seien die ambitionierten Umwelt- und Klimaschutzziele zu erreichen. Transdisziplinär nennt man am IASS diesen Ansatz.
Kathrin Goldammer, Projektmanagerin der Plattform, konkretisiert: In der ersten Phase soll in Arbeitsgruppen zu den Themen Netzausbau, Strompreisbildung, Energieeffizienz und Partizipation beraten werden. In Themenforen werden auch Ideen und Initiativen aus der Zivilgesellschaft aufgegriffen. „Alle sind aufgefordert uns zu kontaktieren. Wir wollen offen sein und gleichzeitig sachlich debattieren“, versichert die Wissenschaftlerin.
Akzeptanz und Sicherheit
Günther Bachmann, Senior Advisor der Plattform Energiewende, weist zudem auf die zentrale Rolle und den Forschungsbedarf der Sozial- und Geisteswissenschaften hin: Zwar müsse gewährleistet sein, dass ein alternatives Energiesystem auch tatsächlich sicher und stabil ist. Die Energiewende sei aber nicht nur ein technologisches Thema. Dass „wir von einem Kampfthema hin zu einem gesellschaftlichen Gemeinschaftswerk kommen“, hält er für elementar. Dazu müssten neue Formen der Partizipation und des offenen, transparenten Umgangs gefunden werden.
„Dabei geht es bei der Energie-Wende doch auch um die Glaubwürdigkeit Deutschlands und zwar weit über das Ökonomische hinaus“, nimmt Töpfer den Faden auf. Er verweist auf das Beispiel Netzausbau: Regelmäßig forderten Bürgerinitiativen vergeblich Einblick in die Kalkulationen für geplante Projekte. Ohne einen einheitlichen Wissensstand mündeten Diskussionen oft in unauflösbaren Sackgassen, sinnvolle Lösungen könnten so nicht gefunden werden. Es ist der CSU-Politiker Alois Glück, der unter bekräftigendem Nicken der Politikwissenschaftlerin und SPD-Frau Gesine Schwan eine Formel findet: „Die Angst vor der Atomkraft alleine reicht nicht. Wir brauchen ein positives Leitbild, wir brauchen mehr Transparenz als Grundlage für Entscheidungen.