Energiepolitik: Die nächste Mondlandung
Es war der 25. Mai 1961 als der damalige US-Präsident John F. Kennedy ankündigte, binnen eines Jahrzehnts werde ein Amerikaner den Mond betreten. Kurz darauf wurde das Apollo-Projekt ins Leben gerufen, das Budget der NASA um 400 Prozent erhöht. Zeitweise arbeiteten rund 400.000 direkt oder indirekt an „Apollo“ mit. Am 20. Juli 1969 war es schließlich so weit: Mit Neil Armstrong und Buzz Aldrin betraten die ersten Menschen den Mond – acht Jahre nach Kennedys Ankündigung.
Behutsamer Weg bei der CO2-Bepreisung
„Wir müssen uns alle benehmen wie Kennedys“, fordert Marie Luise Wolff am Mittwochabend. Sie ist Präsidentin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und steht mit den Spitzenkandidat*innen von SPD, CDU, Grünen und FDP vor der Kamera. 102 Tage vor dem 26. September geht es um „Energiepolitik zur Bundestagswahl“ und Wolff fühlt Olaf Scholz, Armin Laschet, Annalena Baerbock und Christian Lindner auf den Zahn.
Zuletzt waren die Emotionen beim Thema Benzinpreise hochgekocht: Die Grünen wollen die vorgesehene Erhöhung des CO2-Preises vorziehen, sodass Benzin schon sehr bald teurer würde. „Wir brauchen einen behutsamen, moderaten Weg bei der CO2-Bepreisung. Von heute auf morgen die Preise zu ändern, fällt zu Lasten der Gesellschaft aus“, betont erneut SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Das könne niemand wollen. Von Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock fängt sich Scholz damit den Vorwurf ein, „Angstpolitik“ zu betreiben. Scholz kontert das, indem er sagt, alles nur teurer zu machen, sei „Ideologie“.
Große Einigkeit bei Nordstream II
Denn auch wenn der CO2-Preis ein wichtiges Werkzeug im Kampf gegen den Klimawandel sei, komme es vor allem darauf an, die Versorgung mit Strom aus Erneuerbaren Energien so schnell wie möglich auszubauen. „Da brauchen wir ein Tempo wie wir es bisher nicht hatten“, sagt Scholz. Die Ausbauziele werde er daher gleich zu Beginn der neuen Legislatur deutlich erhöhen. Auch müssten Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt werden.
In diesem Punkt sind sich die vier Diskussionspartner*innen einig. „Ich halte es für richtig, was Olaf Scholz gesagt hat“, meint FDP-Chef Christian Lindner. Und auch in einer weiteren Frage stimmen Lindner und Scholz überein: „Wir sollten Nordstream II weiterbauen“, sagt Lindner. Erdgas sei wichtig auf dem Weg zur Klimaneutralität. Einen weiteren wichtigen Aspekt der Ostsee-Pipeline betont der aus Düsseldorf zugeschaltete CDU-Vorsitzende Armin Laschet: „Nordstream II ist so angelegt, dass auch Wasserstoff transportiert werden kann.“ Und dass das Gas zentral für die Energiewende ist, darin sind sich die vier Diskutant*innen ebenfalls einig.
Scholz fordert Kehrtwende der CDU
Für Irritation sorgt Annalena Baerbock als sie behauptet, die Grünen hätten den Kohleausstieg vorangetrieben – und das, obwohl sie der Bundesregierung gar nicht angehören. „Der Kohleausstieg ist die größte CO2-Reduktion, die die große Koalition auf den Weg gebracht hat“, stellt deshalb rasch Armin Laschet klar. Die Grünen hätten damit nichts zu tun.
Und doch stellt Olaf Scholz dem Koalitionspartner kein gutes Zeugnis aus. Auf die Frage, was das Beste sei, das er der CDU in der kommenden Legislatur in der Energiepolitik zutraue, antwortet der SPD-Kanzlerkandidat kurz und bündig: „eine komplette Kehrtwende“.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.