Inland

Energiekosten: Warum die SPD einen „Transformationsstrompreis“ will

Die Abkehr von fossilen Brennstoffen wie Kohle und Gas bedeutet für die Industrie einen deutlich höheren Strombedarf. Damit Unternehmen nicht überfordert werden und abwandern, will die SPD einen „Transformationsstrompreis“ einführen.
von Kai Doering · 20. April 2023
Hochofen in Pirna: Der Umbau der Industrie weg von fossiler Energie erfordert deutlich mehr Strom. Die SPD-Bundestagsfraktion will Unternehmen mit eine Transformationsstrompreis unterstützen.
Hochofen in Pirna: Der Umbau der Industrie weg von fossiler Energie erfordert deutlich mehr Strom. Die SPD-Bundestagsfraktion will Unternehmen mit eine Transformationsstrompreis unterstützen.

Der Stromverbrauch geht in Deutschland seit Jahren zurück. Nach einem Höhepunkt von 624 Terawattstunden (TWh) 2007 sank der Verbrauch im vergangenen Jahr mit 484 TWh auf den niedrigsten Wert seit 1996. Doch das wird nicht so bleiben, im Gegenteil. Anstelle fossiler Brenn- und Treibstoffe wie Gas und Öl soll Strom in den kommenden Jahren zum zentralen Energieträger für die Erzeugung von Wärme und für Mobilität werden. Laut Umweltbundesamt verursacht die Industrie zurzeit rund 24 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland. Der Umstieg auf Strom soll das ändern.

Ein hoher Strompreis als „Transformationsbremse“

„Strom spielt in einer dekarbonisierten Energieversorgung eine zentrale Rolle“, ist Andreas Kemmler vom Wirtschaftsforschungsinstitut „prognos“ überzeugt. Der Strombedarf wird damit in den kommenden Jahren deutlich zunehmen. Für Unternehmen ist das ein Problem, denn Öl und Gas sind trotz der zuletzt gestiegenen Preise in Deutschland noch immer deutlich günstiger als Strom. Hinzu kommen hohe Investitionskosten für die Umrüstung von Anlagen und die Elektrifizierung der Produktionsprozesse.

„Der hohe Strompreis ist zur Transformationsbremse geworden, die wir uns weder ökonomisch, sozial noch ökologisch leisten können“, warnt der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernd Westphal. Die AG Wirtschaft der SPD-Bundestagsfraktion will deshalb einen „Transformationsstrompreis“ einführen. Dieser soll eine „Brücke“ sein, „bis ausreichend günstiger Strom aus Erneuerbaren Energien zur Verfügung steht“, schreiben die Abgeordneten in einem Eckpunktepapier, das dem „vorwärts“ vorliegt.

Diese Voraussetzungen müssen Unternehmen erfüllen

Nach ihrer Vorstellung soll der Transformationsstrompreis einmalig für zwei Jahre auf 5 Cent pro Kilowattstunde festgesetzt werden. Während dieser Zeit soll dann der künftige Preis in Relation zu Preisen in Wettbewerbsregionen ermittelt und angepasst werden. Nach fünf Jahren soll ausgewertet werden, ob eine noch stärkere Absenkung des Strompreises notwendig ist oder eine Anhebung des Preises möglich ist, ohne dass dies auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit geschieht

Die geförderte Strommenge soll auf 70 Prozent des Verbrauchs begrenzt werden, kann aber um zusätzliche Strommehrbedarfe, die aufgrund der Transformationen anfallen, erweitert werden. Profitieren sollen Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von mehr als 30.000 Kilowattstunden. Als weitere Voraussetzung nennen die SPD-Abgeordneten in ihrem Papier, dass die Unternehmen tarifgebunden sind und einen Transformationsplan vorlegen.

Eine Antwort auf die USA

„Die Einführung eines Transformationsstrompreises ist elementare Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen“, ist SPD-Wirtschaftspolitiker Bernd Westphal überzeugt. Die Höhe des Transformationsstrompreises muss sich aus seiner Sicht „am Weltmarkt orientieren, um eine entsprechende Wirkung wie der Inflation Reduction Act in den USA zu entfalten“. Mit diesem unterstützt die amerikanische Regierung nicht nur inländische Unternehmen, sondern setzt auch gezielt Anreize, Fabriken in die USA zu verlagern.

„Bei Investitionsentscheidungen werden oftmals internationale Standorte miteinander verglichen und viel zu häufig sind deutlich geringere Stromkosten in Wettbewerbsregionen das entscheidende Kriterium gegen Investitionen in den deutschen Industriestandort“, schreiben die SPD-Abgeordneten in ihrem Eckpunktepapier. Der „Transformationsstrompreis“ soll diesen Wettbewerb beenden. „Die Einführung eines Transformationsstrompreises ist elementare Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen“, ist Bernd Westphal sicher.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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