Empfehlung der Kommission: Mindestlohn soll auf 10,45 Euro steigen
Thomas Koehler/photothek.de
Im Vorfeld war mit einer Empfehlung gerechnet worden, den Mindestlohn stärker anzuheben. Insbesondere der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) als Interessenvertreter*in der Arbeitnehmer*innen hatte sich dafür stärk gemacht, die Verdienstuntergrenze deutlich zu erhöhen. In einer Anzeigenkampagne forderte der DGB einen Mindestlohn von zwölf Euro, gestützt von einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Kantar, wonach 78 Prozent der Deutschen sich dieser Forderung anschließen. Der SPD-Bundesparteitag hatte bereits im Dezember beschlossen, den Mindestlohn perspektivisch auf zwölf Euro zu erhöhen.
Erhöhung in vier Schritten
Die Empfehlung der Mindestlohnkommission sieht nun eine Erhöhung auf 10,45 Euro vor. Diese soll in vier Schritten bis zum 1. Juli 2022 erfolgen. Der Mindestlohn von derzeit 9,25 Euro soll zunächst zum 1. Januar 2021 um 15 Cent auf 9,50 Euro steigen. Anschließend folgen die Erhöhungen auf 9,60 Euro zum 1. Juli 2021, auf 9,82 Euro zum 1. Januar 2022 und schließlich auf 10,45 Euro zum 1. Juli 2022. Mit ihrem Vorschlag orientiert sich die Kommission an der Tarifentwicklung sowie der aktuellen wirtschaftlichen Lage. Die Kommission berät alle zwei Jahre über die Anpassung des Mindestlohns. Sie besteht aus jeweils drei Vertreter*innen der Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen sowie zwei beratenden Wissenschaftler*innen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nahm den Bericht der Kommission in Berlin entgegen. Er begrüßte die darin vorgeschlagene Erhöhung. Diese sei eine gute Nachricht für zwei Millionen Arbeitnehmer*innen in Deutschland, die davon profitierten. Zugleich machte Heil deutlich: „Dass der Mindestlohn steigt, ist eine wichtige Nachricht. Ein höherer Mindestlohn ist eine Frage der Gerechtigkeit, aber auch der wirtschaftlichen Vernunft. Das sind keine sozialen Wohltaten, sondern dafür arbeiten Menschen hart. Das haben sie sich verdient.“
Heil will mehr
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Heil kündigte zudem an, das Ziel einer perspektivischen Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro nicht aus den Augen zu verlieren: „Mir reicht das langfristig nicht. Ich möchte nicht, dass die zwölf Euro erst am Sanktnimmerleinstag erreicht sind.“ Daher wolle er mit der im Herbst anstehenden Evaluierung des Mindestlohngesetzes dieses an entscheidender Stelle reformieren. Künftig soll nach Heils Wunsch der Mindestlohnkommission neben der aktuellen Tarifentwicklung in Deutschland eine „zweite Leitplanke“ zur Orientierung zur Verfügung stehen. „Die Kommission der Sozialpartner ist der richtige Weg, aber wir müssen der Kommission auch Spielräume ermöglichen“, sagte der Arbeitsminister in diesem Zusammenhang.
Der 2015 eingeführte Mindestlohn in Deutschland sei eine Erfolgsgeschichte, betonte Heil. Diese müsse aber weitergeschrieben werden. „Der Mindestlohn muss ab 2023 aufholen“, forderte der Minister. Er bemängelte, dass die Lohnuntergrenze derzeit bei lediglich 46 Prozent des Durchschnittseinkommens liege. Daher seien 12 Euro eine „gute Orientierung als Etappenziel“, um die Schere zu den aktuellen Durchschnittslöhnen in Höhe von 19,76 Euro deutlich zu verkleinern.
„Jeder Mensch hat das Recht auf einen Platz in der Mitte der Gesellschaft, das gilt auch beim Einkommen. Viele Menschen mit zu geringen Löhnen haben keine Chance, in die Mitte zu kommen. Das ist eine Frage der Leistungsgerechtigkeit, die wir angehen müssen“, so die Forderung des Bundessozialministers.
Katja Mast: Mindestlohn gibt es nur, weil die SPD regiert
Hoch zufrieden mit Empfehlung der der Mindestlohn-Kommission zeigt sich Katja Mast, die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion: „Auch heute zeigt sich: Der Mindestlohn wirkt." Für die SPD-Bundestagsfraktion sei das Ziel eines Mindestlohnes von mindestens 12 Euro klar. „Deshalb ist es richtig, dass sich der Mindestlohn künftig wie von Bundearbeitsminister Heil vorgeschlagen am Medianlohn orientieren soll." Die Mindestlohn-Kommission habe heute wichtige Weichen gestellt, denn höhere Löhne sicherten später auch höhere Renten.
Katja Mast sprach von einer guten Woche für Menschen, die trotz Arbeit wenig Einkommen hätten: „Die Grundrente steht, am morgigen Mittwoch steigen bundesweit die Renten und wir fördern betriebliche Altersvorsorge für Geringverdiener. Mindestlohn und Grundrente gibt es nur weil die SPD regiert. Wir arbeiten weiter dafür, dass sich Arbeit lohnt."
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo