Inland

Einwanderungsgesetz: Warum die SPD mehr Migranten ins Land holen will

Um Deutschland zukunftsfähig zu machen, setzt die SPD-Bundestagsfraktion auf Einwanderung. Ein Gesetz soll Ausländern den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtern – und zugleich die Migration staatlich steuern. Mit einer Ausnahme.
von Paul Starzmann · 8. November 2017
Aufenthaltserlaubnis
Aufenthaltserlaubnis

Die Zahlen sind alarmierend: Die Bevölkerung Deutschlands schrumpft in rasantem Tempo. Leben derzeit noch mehr als 80 Millionen Menschen im Land, könnten es laut Statistischem Bundesamt ab 2050 weniger als 60 Millionen sein. Alleine in den kommenden 15 Jahren werden rund fünf Millionen Arbeitnehmer in den Ruhestand gehen. Die Folgen: Immer mehr Alte, die von immer weniger Jungen versorgt werden müssen. Überall Fachkräftemangel – im Gesundheitswesen, im öffentlichen Dienst, in der Privatwirtschaft. Das Land könnte in den Stillstand geraten, in eine Art demografischen Dämmerzustand.

Migration nach Bedürfnissen des Arbeitsmarktes

Die SPD-Bundestagsfraktion will diesem Trend nun etwas entgegensetzen. Die Lösung: ein Zuwanderungsgesetz. Das Ziel: „Die Einwanderung von qualifizierten Arbeitskräften nach den Bedürfnissen des deutschen Arbeitsmarktes zu steuern und gestalten“, steht im Gesetzentwurf. Den hat die SPD-Fraktion am Dienstag beschlossen. Er soll so bald wie möglich in den Bundestag eingebracht werden, heißt es in Fraktionskreisen.

Die Idee ist nicht neu. Schon 2016 wollten die Sozialdemokraten das Thema im Bundestag diskutieren. Doch damals blockierten CDU und CSU das Vorhaben, die Sache blieb liegen. Bis jetzt.

SPD: Arbeitslosigkeit ist kein Asylgrund

Im Mittelpunkt des aktuellen Gesetzentwurfs steht ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild. „Abhängig von der Lage auf dem Arbeitsmarkt soll jährlich neu festgelegt werden, wie viele Fachkräfte aus Ländern außerhalb der EU nach Deutschland kommen können“, so eine aktuelle Erklärung der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka und Sebastian Hartmann. „Ein Punktesystem berücksichtigt Qualifikation, Sprachkenntnisse, Alter, Arbeitsplatzangebot und andere Integrationsaspekte der Bewerber.“

Explizit ausgenommen von den neuen Regeln in dem Gesetzentwurf ist die Frage nach politischem Asyl. „Die Regelungen in anderen Gesetzen bleiben unberührt“, heißt es in dem Gesetzentwurf, der vorwärts.de vorliegt. „Die Suche nach einem Arbeitsplatz ist jedoch kein Asylgrund“, erklären die SPD-Abgeordneten Lischka und Hartmann. „Deshalb schaffen wir Klarheit, wer als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer in unser Land einwandern kann und wer nicht. Und wir brauchen die Zuwanderung von Fachkräften.“

„Alle hier lebenden Arbeitskräfte besser mobilisieren“

Als Fachkräfte gelten in dem Gesetzentwurf ausländische Akademiker und Menschen, die außerhalb der EU eine qualifizierte Berufsausbildung durchlaufen haben. Wer diese Anforderungen nicht erfüllt, soll die Möglichkeit zur weiteren Qualifikation bekommen, um seine Chancen auf eine Arbeitsgenehmigung zu erhöhen. „Wir sagen aber auch deutlich, dass wir dem Fachkräftemangel zuerst dadurch abhelfen, dass wir alle hier lebenden Arbeitskräfte besser mobilisieren: höhere Erwerbstätigenquote von Frauen und Qualifizierung junger Menschen ohne Abschluss für einen Beruf“, so Burkhard Lischka und Sebastian Hartmann. Auch die Fortbildung älterer Arbeitnehmer sowie hier lebender Migranten müsse vorangetrieben werden, fordern sie.

Mit dem Vorstoß spricht die SPD-Bundestagsfraktion ein Thema an, das seit langem heiß diskutiert wird: die Migrationsfrage. Auch in den aktuellen Sondierungsgesprächen zwischen Union, FDP und Grünen wird darüber gestritten. FDP und Grüne machen ein Einwanderungsgesetz zur Koalitionsbedingung. In der Union wollen jedoch nicht alle so eine Regelung, die CSU will lieber eine Begrenzung der Zuwanderung.

Die positiven Effekte von Migration

Der SPD-Gesetzentwurf ist da ein Stück weiter, Migration wird als etwas Positives angesehen: „Einwanderinnen und Einwanderer haben in den 60er Jahren am deutschen Wirtschaftswunder mitgearbeitet und tragen seither zum Wohlstand der Gesellschaft bei“, heißt es in dem Text. Der Zuzug von Ausländern habe das Land „vielfältiger und lebenswerter“ gemacht. „Gut gesteuerte Migration fördert darüber hinaus vielfach den Austausch von Wissen, Technologien und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zwischen den Staaten. Diese positiven Effekte von Migration gilt es zu fördern.“

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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