Die Krise ist nicht vorbei. Das wird schnell klar an diesem Mittwochvormittag im Willy-Brandt-Haus. Mit ernster Miene begrüßt SPD-Chef Sigmar Gabriel die rund 500 Gäste der
wirtschaftspolitischen Konferenz seiner Partei. "Antworten auf die Krise - Leitideen einer neuen Wirtschaftspolitik" lautet die Überschrift.
Und der Titel macht schon klar, worum es geht: Die bisherige Form des Wirtschaftens hat ausgedient, eine neue Wirtschaftspolitik muss her, lautet die Forderung der Sozialdemokraten. "Worum
es geht ist die Formulierung einer konkreten Alternative, die weder Verzicht und Deindustrialisierung predigt, noch vom Ende der Arbeitsgesellschaft", gibt Gabriel vor. "Eine Alternative, die auf
soziales und ökologisches Wachstum setzt."
25 Milliarden zusätzlich
Wie diese Alternative aussehen könnte, hat der im März eingerichtete und an die
Zukunftswerkstatt "Arbeit - Umwelt -Innovation" angegliederte Wirtschaftsrat um Gabriel und
Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier in einem Papier skizziert.
"Mit neuen Investitionsimpulsen aus der Krise" ist es überschrieben. Die Vorschläge reichen von einem Abbau ökologisch schädlicher
Subventionen über die Börsenumsatzsteuer bis hin zur Einführung eines "Bildungssolis". Auf diese Weise sollen 25 Milliarden Euro zusätzlich in die Staatskasse kommen. "Damit schaffen wir
Handlungsspielräume für die Investitionsförderung und die Konsolidierung, Handlungsspielräume, um die Arbeit von Morgen zu sichern", ist Gabriel überzeugt.
Gezielt setzt der Wirtschaftsrat auf neue, umweltschonende Technologien. "In vielen Umwelttechnologien ist Deutschland heute schon Weltmarktführer", so Gabriel. Diese Position gelte es
durch neue Investitionen auszubauen. Schätzungen zufolge verdoppelten sich die "Cleantech-Märkte" bis 2020 auf über zwei Billionen Euro. Und davon profitiere auch der Arbeitsmarkt in Deutschland.
"Bereits 1998 haben SPD und Grüne mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz gezeigt, wie man in kurzer Zeit 300 000 neue und qualifizierte Arbeitsplätze schaffen kann."
Drohung mit europäischer Bürgerinitiative
Doch gelte es auch, die internationale Finanzarchitektur endlich sicherer zu machen. Noch immer drohe die "Gefahr eines ernsten konjunkturellen Rückschlags". Die bisherigen Anstrengungen
reichten nicht aus. "Wenn die Bundesregierung sich weiterhin weigert, zum Motor einer wirksamen Finanzmarktregulierung in Europa zu werden, wird die SPD gemeinsam mit anderen europäischen
sozialdemokratischen Parteien das neue Instrument der europäischen Bürgerinitiative nutzen, um die dringend notwendigen Regulierungen voran zu bringen", droht der SPD-Chef.
Unterstützung bekommt er dabei vom ehemaligen dänischen Ministerpräsidenten und Präsidenten der SPE, Poul Nyrup Rasmussen. Wegen der Aschewolke ist er eigens mit Auto und Fähre nach Berlin
gereist. "Wenn wir eine neue Finanzblase verhindern wollen, brauchen wir mehr Regulierung. Die Europäische Bürgerinitiative ist da eine gute Idee", sagt Rassmussen. Allerdings müssten die
Sozialdemokraten in ganz Europa auch an ihrem Ziel einer Finanztransaktionssteuer festhalten.
Breite Diskussion bis zum Parteitag 2011
"Der Finanzmarkt und seine gegenseitigen Abhängigkeiten sind international", betont der SPE-Chef. "Die schwarz-gelbe Koalition versteht das nicht." Die SPD dagegen sieht Rasmussen auf dem
"Weg in eine neue Ära". Ihr wirtschaftspolitisches Papier beweise, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt habe. "Wir brauchen ein anderes Wirtschaftswachstum und das muss von der SPD angestoßen
werden", analysiert Rasmussen.
Zunächst steht aber erstmal die
Diskussion des wirtschaftspolitischen Papiers auf dem Programm. In den kommenden Wochen und
Monaten soll es dazu verschiedene Veranstaltungen geben. Auch im Internet können Kritik und Anregungen geäußert werden. Das Ziel ist dabei klar: ein neues wirtschaftspolitisches Programm, das die
SPD auf ihrem Parteitag im Herbst 2011 verabschieden wird.
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