Das Burnout-Syndrom beschreibt einen Zustand der totalen Erschöpfung. Die Betroffenen sind ausgebrannt und nicht imstande, ihre gewohnte Leistungsstärke zu erreichen. Zwar sind Burnouts quer
durch alle Gesellschaftsschichten verbreitet, aber vor allem Workaholics und Top-Manager leiden unter dieser Krankheit. In seinem neuen Buch "BurnOut. Wie wir eine aus den Fugen geratene
Wirtschaft wieder ins Lot bringen" diagnostiziert das ehemalige Vorstandsmitglied der Siemens AG einen Burnout unseres Wirtschaftssystems.
Systemkritik eines ehemaligen Top-Managers
Generell preisen Manager das Wirtschaftssystem - sie profitieren ja auch in hohem Maße von ebendiesem. Doch Peter Grassmann, derzeit Vorstandsvorsitzender der Umwelt-Akademie e.V., übt
gnadenlose Systemkritik. Die Finanzmarktkrise, die Weltwirtschaftskrise, umweltschädigendes Verhalten, kurzsichtiges Handeln zu Lasten späterer Generationen sowie pure Gier verdeutlichen aktuelle
Probleme. Angesichts dessen glaubt der Autor nicht mehr an die Selbstheilungskräfte des Marktes. Gegenüber dem Staat ist der ehemalige Manager ebenfalls skeptisch und traut ihm keine Lösungen für
aktuelle Herausforderungen zu. Wie aber soll es weitergehen? Wie kann die Krise gemeistert werden?
Zivilgesellschaft als vierte Kraft
Die Lösung sieht Grassmann in einem "dritten Weg" zwischen den Marktkräften des freien Kapitalismus und der staatlich gelenkten Planwirtschaft des Sozialismus. Dabei fordert der Autor die
Mitbestimmung der Zivilgesellschaft. Er sieht die Zivilgesellschaft als vierte Kraft, die neben Exekutive, Legislative und Judikative Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen haben muss. Durch
Mitbestimmung der Zivilgesellschaft soll ein neuer Ordnungsrahmen für die Wirtschaft entstehen, dessen Fundament branchenspezifische Wertekodizes bilden. Auf diese Weise verspricht sich der Autor
eine "mitbestimmte Marktwirtschaft", die "sich zu einer ökosozialen Form, die Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit als gleichwertige Ziele mit einbezieht", entwickelt.
Eine staatskritische Perspektive
Bücher über die Finanz- und Wirtschaftskrise gibt es viele. Die meisten liefern konkrete Ratschläge, was verändert werden müsse, z.B. in Form von Gesetzen. Einige fordern den starken Staat,
andere vertrauen auf den Markt. Grassmann hingegen plädiert für einen auf Wertekodizes beruhenden Ordnungsrahmen, den die Zivilgesellschaft anstoßen muss. Seine Argumentation setzt neue Akzente.
Ob die Visionen des Ex-Managers realistisch sind, ist durchaus diskutabel. Ob dieses Wirtschaftsmodell erstrebenswert ist, ebenso. "BurnOut" ist eine lesenswerte Analyse der aktuellen
Wirtschaftslage mit interessanten Überlegungen und Denkanstößen eines Top-Managers, der die Wirtschaft mit all ihren Schwächen kennt.
Peter H. Grassmann: "BurnOut. Wie wir eine aus den Fugen geratene Wirtschaft wieder ins Lot bringen", Oekom Verlag, 2010, 144 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 978-3-86581-191-2
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