Inland

Durchstarten im Museum

von Ulf Buschmann · 27. Februar 2013

Weiterbildung. Im Raum Bremen werden arbeitslose Akademiker in Kultur und Tourismus geschult – zwei Drittel  finden so einen festen Job.

Vorsichtig nimmt Sabine Stührholdt eine der Zeichnungen in ihre Hände. Die Kunstwerke stammen von Fritz Overbeck, der das kleine Dorf Worpswede im Teufelsmoor unweit von Bremen Anfang des 20. Jahrhunderts berühmt machte. Die Werke von Fritz Overbeck und seiner Frau Hermine bilden den Kern des Overbeck-Museums in Bremen. Dort katalogisiert Sabine Stührholdt derzeit Fritz Overbecks Zeichnungen. Die 53-jährige Kunsthistorikerin ist mit Herzblut bei der Arbeit.

Zuvor hatte sie im Kunsthandel gearbeitet, war dann arbeitslos. Die Arbeit mit den Overbeckschen Zeichnungen ist Teil ihrer Weiterbildung zur „Fachreferentin für Kulturtourismus und Kulturmarketing“. Acht Monate dauert diese Ausbildung im Rahmen des bundesweit einmaligen Projekts „Regialog“, das sich gezielt an arbeitslose Geistes- und Wirtschaftswissenschaftler wendet. Regialog kooperiert dabei mit Museen und Tourismuseinrichtungen.

Und zwar mit Erfolg: Nach Angaben der zuständigen Arbeitsagentur in Emden beträgt die Vermittlungsquote in den ersten Arbeitsmarkt durchschnittlich 70 Prozent.

Absolventen haben gute Chancen auf neue Jobs

Träger ist der „Verein zum Erfassen, Erschließen und Erhalten der historischen Sachkultur im Weser-Ems-Raum“ in Emden. Er arbeitet mit den Arbeitsagenturen und Jobcentern zusammen, die für diese Qualifizierung Bildungsgutscheine ausstellen. Mehr als 240 Teilnehmer haben seit Projektstart 2003 teilgenommen. Am 1. Juni beginnt die 15. Runde. Ein Großteil der Teilnehmer hat nach dem Hochschulabschluss keine Arbeit gefunden und nutzt die Chance zur Qualifizierung. Regialog besteht inhaltlich zu 60 Prozent aus einem praktischen und zu 40 Prozent aus einem theoretischen Teil. Ihre Praxis verbringen die zurzeit 18 Teilnehmer jeweils vier Monate in einer Kultur- und einer Tourismus- oder Marketingeinrichtung — wie es Sabine Stührholdt derzeit tut.

In dieser Zeit befasst sie sich nicht nur mit dem Katalogisieren von Zeichnungen, sie hat auch selbst einen Kinderführer für die Sonderausstellung „Manfred Kiecol: Landschaft“ erstellt. Außerdem bereitet Stürholdt den internationalen Museumstag im Mai mit vor. Der steht unter dem Motto „Vergangenheit erinnern — Zukunft gestalten: Museen machen mit!“.

Universitäten qualifizieren – nicht immer für die Arbeitswelt

Der Theorie-Teil von Regialog besteht aus mehreren Kompaktseminaren und wöchentlichen Schulungen zu Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Eventmanagement. Auch Grundlagen des Desktop-Publishings, des Programmierens und der Präsentation gehören zum Programm. Es ist Wissen, das heute in der Arbeitswelt notwendig ist, das den Absolventen jedoch im Rahmen des Studiums selten vermittelt wird. Diese Erfahrung hat Katja Pourshirazi, Leiterin des Overbeck-Museums oft gemacht: Geisteswissenschaftler verfügten häufig über Qualifikationen, die sie nicht mit Zeugnissen belegen könnten. Mit der Zusammenarbeit mit Regialog ist die Museums-Chefin aus Bremen sehr zufrieden. Die kooperierenden Tourismus-Vereine und Museen profitieren ihrer Ansicht nach von den Erfahrungen der Teilnehmer: „Wir bekommen immer wieder Anregungen“, so Pourshirazi.

Autor*in
Ulf Buschmann
Ulf Buschmann

arbeitet als freier Journalist in Bremen.
 

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