Dreyer: Bildungschancen dürfen nicht von der Herkunft abhängen
Beim TV-Duell zwischen Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Kanzlerkandiat Martin Schulz und auch im Duell der kleineren Parteien wurde es kaum angesprochen, dabei ist es ein Thema von großer Bedeutung: Bildung. Vor allem für die SPD. Denn für sie schafft Bildung das Fundament für ein selbstbestimmtes Leben. Auch deshalb will die SPD mehr Geld in bessere Schulen, in Gebührenfreiheit und Ganztagsbetreuung investieren und stellte ihren Plan einer nationalen Bildungsallianz unlängst der Öffentlichkeit vor.
Soziale Spaltung verfestigt sich
Massive Investitionen in Bildung, das fordert am Freitag auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) auf seiner Bildungskonferenz. Knapp zehn Jahre nach dem Dresdner Bildungsgipfel im Oktober 2008 zieht Bildungsforscher Klaus Klemm Bilanz: Auch wenn es durchaus Erfolge in den Bereichen Hochschule und in der Weiterbildung gebe, seien doch viele Ziele des Gipfels nicht erreicht worden: Mehr als 47.000 junge Menschen blieben jährlich ohne Schulabschluss, knapp 1,4 Millionen Jugendliche zwischen 20 und 29 Jahren könnten keine abgeschlossene Ausbildung nachweisen. Hätte Deutschland die angestrebten 10 Prozent des Bruttoinlandprodukts in Bildungsausgaben investiert, hätten alleine im Jahr 2015 27,2 Milliarden Euro zusätzlich bereitgestellt werden müssen, resümiert Klemm. Seiner Meinung nach eine Ursache dafür, dass das Bildungssystem in Deutschland die soziale Spaltung der Gesellschaft nicht abbaue, sondern verfestige.
10 Prozent des BIPs für Bildung
Das 10-Prozent-Ziel erreichen, will auch Malu Dreyer. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin fordert eine Kraftanstrengung von Bund und Ländern, um das für sie wichtigste Ziel in Deutschland auf den Weg zu bringen: Jedes Kind muss alle Chancen haben. Denn noch immer hänge der Bildungserfolg eines Kindes in Deutschland erheblich von seiner Herkunft ab. „Das kann nicht in unserem Interesse sein“, erklärt sie. Auch deshalb spielt die Gebührenfreiheit eine große Rolle. Dreyer betont, dass in ihrem Land Gebührenfreiheit bereits Realität sei. Das entlaste die Familien und stärke die Möglichkeiten bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sagt sie. Es schaffe aber auch mehr Chancengleichheit, mehr Teilhabe und sichere den künftigen Fachkräftebedarf.
Aufstieg durch Bildung, auch dieser Anspruch wurde auf dem Dresdner Bildungsgipfel formuliert, erklärt Dreyer. Dazu zähle für sie mehr Durchlässigkeit im Bildungssystem ebenso wie die Möglichkeit einer zweiten und dritten Chance für jedes Kind oder jungen Erwachsenen.
Der Bund muss helfen können
Die Ministerpräsidentin verschweigt jedoch nicht, dass für diese Anstrengung Geld notwendig ist. Ein Viertel des Gesamthaushaltes stecke Rheinland-Pfalz alleine in die Bildung, sagt sie. Und die Aufgaben seien gewaltig. Auch deshalb plädiert Dreyer dafür, dass der Bund seiner Verantwortung nachkommen muss: „Es macht keinen Sinn, dass der Bund nicht in Bildung investieren kann.“
Dabei soll der Bund nicht die Bildungsinhalte der Länder bestimmen, sondern dafür sorgen, dass in jedem Bundesland das Recht auf Ganztagsbetreuung auch in Anspruch genommen werden kann. Auch dafür, dass auch die finanzschwache Kommune im Bereich Inklusion oder bei der Digitalisierung der Schulen nicht hinterherhinke, so Dreyer.
34 Milliarden Euro Sanierungsstau alleine in den Schulen, schon diese Zahl macht deutlich, dass die Zukunft der Bildung vom Aufheben des Kooperationsverbots abhängt. Auch deshalb ist Dreyers Fazit eindeutig: Bund und Länder müssen kooperieren. „Wir müssen weg vom Kooperationsverbot und hin zu einem kooperativen Föderalismus“.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.