Dresdner kriegen 20.000 Euro für Kampf gegen Pegida
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In der DDR galt die Gegend um Dresden als das „Tal der Ahnungslosen“ – die Bewohner der Region konnten kein Westfernsehen empfangen, sie waren abgeschnitten von den Informationen aus der Bundesrepublik. Über 25 Jahre nach dem Fall der Mauer taucht heute in Sachsen ein neuer Typ von „Ahnungslosen“ auf: Sie marschieren bei Pegida, wählen die Alternative für Deutschland und fürchten den angeblichen Untergang des Abendlands. Allerdings formiert sich Widerstand gegen die rechte Bewegung.
Aus Hilfe für Forscher wird Bürger-Protest
Noch bevor Pegida und Co. für Schlagzeilen sorgten, gründete sich Anfang 2014 in der sächsischen Landeshauptstadt das Bündnis „Dresden – place to be“. Das Ziel des Vereins: Ausländischen Wissenschaftlern und Studenten, die zum Arbeiten oder Studieren nach Sachsen kommen, dabei zu helfen, in der neuen Heimat schnellen Anschluss zu finden. Die Gründer der Initiative wollten sich am Wettbewerb um die besten Köpfe der Welt beteiligen und zeigen, dass die Elbmetropole viel zu bieten hat für internationale Akademiker.
Dann kam Pegida. Plötzlich gingen Zehntausende auf die Straße, riefen „Volksverräter“, „Lügenpresse“ und „Keine Einwanderung in die Sozialsysteme“ – eine neue Version des alten Solgans „Ausländer raus!“ Die Vereinsgründerin von „Dresden – Place to be“, Elisabeth Ehninger, war schockiert: „Ich dachte, die machen nun alles kaputt“, sagte sie zum Weser-Kurier über die rechten Demonstranten. Unterkriegen ließen sich Ehninger und ihre Mitstreiter aber nicht. Im Gegenteil: Immer mehr Menschen beteiligten sich an Aktionen des Vereins, zu einem Konzert von „Dresden – place to be“ Anfang 2015 kamen mehrere zehntausend Besucher: Während Herbert Grönemeyer vor der Dresdner Frauenkirche gegen rechts ansang, mussten die Pegida-Anhänger ihre Versammlung verschieben.
Deutsche Zeitungsverleger ehren Pegdia-Gegner
Das Engagement des Vereins hat sich ausgezahlt: Viele Dresdner nehmen heute als Paten an dem Projekt teil, heißen Hinzugezogene in ihrer Stadt willkommen, zeigen ihnen die Gegend und helfen dabei, in der neuen Heimat Freunde zu finden. Zugleich ist „Dresden – Place to be“ neben den beiden Bündnissen „Dresden nazifrei“ und „Dresden für alle“ zu einer der größten Protestbewegung gegen Pegida angewachsen.
Für ihr erfolgreiches Engagement gegen rechts erhielt der Verein „Dresden – Place to be“ am Donnerstag den mit 20.000 Euro dotierten Bürgerpreis der deutschen Zeitungen. In seiner Laudatio sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière an die Vereinschefin Elisabeth Ehninger gerichtet: „Sie haben einen Beitrag dazu geleistet, dass die Menschen, wenn sie nach Dresden schauen, nicht nur Pegida sehen.“ Ehninger sei ein gutes Beispiel dafür, dass alle offen und selbstbewusst gegen Hass und Fremdenfeindlichkeit aufstehen müssten.
Dass aus einem kleinen Kreis von engagierten Wissenschaftlern eine breite Bürgerbewegung gegen rechts entstehen kann, zeigt die Erfolgsgeschichte von „Dresden – place to be“ allemal.
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.