Gestern hat der Dresdner Stadtrat den Verkauf der 48 000 Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Woba beschlossen. Bei der Abstimmung sprachen sich 40 der 70 Abgeordneten für den
Verkauf aus. Mit dem Erlös sollen die Schulden der Stadt in Höhe von 741,4 Millionen beglichen werden. Der Stadtrat beschloss außerdem, in Zukunft keine Schulden mehr zu machen.
"Seit einem Jahr haben wir tausend Modelle durchgerechnet. Wir müssen verkaufen. Niemand hat eine bessere Idee", sagte Dresdens Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP). Es sei kein Geld mehr
da, um Schulen oder Kindertagesstätten zu renovieren. So könne die Stadt endlich wieder etwas gestalten.
Das Geschäft bleibt umstritten
"In Dresden haben heute alle leuchtende Augen, aber den Preis werden die Mitarbeiter und Mieter zu zahlen haben", sagte Mieterbund-Sprecher Ulrich Ropertz. Eine Bürgerinitiative gegen das
Projekt war mit 45 000 Unterschriften an der Hürde von 60 000 gescheitert. Die Mieter fürchten vor allem Mieterhöhungen und die hohen Renditeerwartungen des Käufers. Die Aussage "wie wollen sie
denn anreden gegen 982 Millionen Euro?" von SPD-Stadträtin Sabine Friedel spiegelt die schwierige Lage der Kritiker wieder.
Auch im Rat war das Vorhaben heftig umstritten. Während CDU und FDP einhellig zustimmten, waren SPD und Linkspartei gespalten. Bei der SPD stimmte etwa die Hälfte dafür, bei der Linkspartei
etwas mehr. Nur die Grünen lehnten den Vorschlag geschlossen ab.
Neben dem Geldsegen verpflichtet sich Fortress auch zu einer Sozialcharta. Damit sollen Befürchtungen vor Verschlechterungen für Mieter ausgeräumt werden. Ältere und behinderte Menschen haben
demnach lebenslanges Wohnrecht, die Stadt behält 20 Jahre ein Belegungsrecht für 8 000 Wohnungen, starke Mieterhöhungen oder Luxussanierungen werden ausgeschlossen.
Dresden ein neuer Trend?
Die relativ niedrigen Immobilienpreise in Deutschland haben in den letzten drei Jahren viele ausländische Investoren angelockt. Seither kauften sie rund 900 000 Wohnungen aus öffentlicher
Hand. Durch den Verkauf kommt Bewegung auf den deutschen Wohnungsmarkt. Als "Befreiungsschlag mit Vorbildcharakter" bezeichnete German Drechsler, Bundesvorsitzender der Wirtschaftsjunioren
Deutschland, die Entscheidung aus Dresden. Genau das befürchten die Gegner und warnen vor einem Flächenbrand. (dazu: DEMO 10/05: "Umbau statt Veräußerung"
Mark Herten
Quellen: Frankfurter Rundschau 9. März `06, Handelsblatt 10. März `06, Süddeutsche Zeitung 10. März `06, Die Welt 10. März `06, www.wjd.de
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