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Diskriminierung im Fußball: DGB und BVB gemeinsam gegen Rechts

Mit dem Titel „90 Minuten gegen Rechts” bietet die DGB-Jugend Dortmund-Hellweg Workshops für Schulklassen und Jugendgruppen an. Erfogreich kooperiert sie dabei mit dem Fußballclub Borussia Dortmund.
von Vera Rosigkeit · 14. Oktober 2016
BVB-Spieler Neven Subotic (l.) mit Schülern beim ersten Modul von „Borussia verbindet – Gemeinsam gegen Diskriminierung“
BVB-Spieler Neven Subotic (l.) mit Schülern beim ersten Modul von „Borussia verbindet – Gemeinsam gegen Diskriminierung“

Wann ist man eigentlich Ausländer?“, fragt Leyla die neunte Klasse einer Gesamtschule im Dortmunder Süden. „Wenn man keinen deutschen Pass hat“, so die Antwort einer Schülerin. Aber es gebe auch Menschen, die einen deutschen Pass hätten und nicht als Deutsche wahrgenommen würden, sagt Leyla und fügt hinzu: „Für Neonazis ist man Ausländer, wenn man anders aussieht.“

Dortmunder Exportschlager

Gemeinsam mit Tim leitet Leyla drei Unterrichtseinheiten „90 Minuten gegen Rechts“, ein Projekt der DGB-Jugend Dortmund-Hellweg. Zum Nachdenken anregen und Impulse setzen, erklärt sie die Ziele. „Wir wollen deutlich machen, dass das eine extreme Gruppierung ist, die in unserer Stadt lebt.“

Dortmund gilt als Neonazi-Hochburg im Westen der Republik. Mit der „Borussenfront“, dem inzwischen verbotenen „Nationalen Widerstand“ oder der Partei „Die Rechte“ ist die Szene über die Stadtgrenzen hinaus bekannt geworden. Sie gilt als gut vernetzt und versucht, ihre Gegner gezielt einzuschüchtern. Aus diesem Grund möchten die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Projektes, Leyla, Tim und Richard nicht mit ihrem richtigen Namen genannt werden.

Auch tauchten Mitglieder der rechten Szene schon vor Privatwohnungen von Journalisten und Politikern auf, unter ihnen Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau. Der übernahm 2010 die Schirmherrschaft über das Projekt der DGB-Jugend, das er als „Dortmunder Exportschlager“ bezeichnete. Es sei wichtig zu wissen, in „welchem Schafspelz der Wolf angeschlichen“ kommt, erklärte der SPD-Politiker.

Gegen rechtsextreme Weltbilder sensibilisieren

„Schulen buchen unsere Module oft für neunte Klassen“, erzählt Tim. Das sei genau die Zielgruppe, die Neonazis versuchen, als Nachwuchs zu gewinnen. „Die sprechen sie beim Fußball auf der Südtribune an, sagen ‚hey, du bist doch auch Borussia-Dortmund-Fan‘. Fragen, ob sie mal zum Auswärtsspiel mitkommen wollen oder verabreden sich für ein Konzert.“ So könne man schnell in eine Szene hineinrutschen, ohne dass man es wirklich gewollt hätte, erklärt der 22-jährige Student. Je früher Schüler merken würden, wie die Neonazis ticken und versuchen an sie heranzukommen, umso besser, betont er. „Deshalb ist es wichtig, sie gegen neonazistische Weltbilder zu sensibilisieren.“

Im jüngsten Modul „Borussia verbindet“ geht es um Diskriminierungen im Fußball am Beispiel von Fangesängen oder Choreographien. Tim: „Mit diesem Modul wollen wir den Unterschied zwischen gesunder Rivalität auf der einen und Hass auf der anderen Seite darstellen.“ So sei es definitiv keine Diskriminierung, zu sagen „50 Jahre, keine Schale, S04“. Aber mit Sprüchen wie „eine U-Bahn von Gelsenkirchen nach Auschwitz“ seien eindeutig Grenzen überschritten.

Borussia verbindet

Das Modul ist in Kooperation mit dem BVB-Lernzentrum entstanden, dass ebenso wie „90-Minuten-gegen-Rechts“ von der Stiftung „leuchte auf“ des Fußballclubs unterstützt wird. Johannes Böing lobt die gemeinsame Zusammenarbeit, „da sie trotz ähnlicher Angebote nicht auf Konkurrenz, sondern auf gegenseitigen Nutzen ausgelegt ist“, sagt der Leiter des Lernzentrums. Er wertet die 90 Minuten Module gegen Rechts als „bewährten Eckpfeiler der außerschulischen Jugendbildungsarbeit in Dortmund“.

Die Kooperation zahlt sich aus. Durch die saisonale Spende ist es beispielsweise möglich, eine FSJ-Stelle zu schaffen, erklärt Richard, der in seinem Freiwilligen Sozialen Jahr das Projekt koordiniert hat. Denn die Organisation des Projekts, das Bearbeiten von Anfragen und Koordinieren der Einsatzpläne ist zeitintensiv, die methodisch-didaktisch aufbereiteten Unterrichtsmodule müssen regelmäßig aktualisiert werden. Die Module können von Schulen, aber auch von Behörden und anderen Dienststellen gebucht werden. Die Nachfrage ist hoch. Die DGB-Jugend kann derzeit nicht allen Anfragen nachkommen.

Für Tim steht im November eine Unterrichtseinheit bei der U19-Mannschaft in Dortmund an. Darauf freut er sich. Denn das Teamen sei für ihn schon so eine Art Hobby geworden, sagt er.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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