Inland

Die Stunde der privaten Datensammler

von Die Redaktion · 23. Februar 2007
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Wozu ein Datenschutztag?

Erstmals wurde am 28. Januar 2007 der vom Europarat initiierte Europäische Datenschutztag begangen. Er soll das Bewusstsein für das Thema erhöhen. 1981 hatten an diesem Tag meh-rere Staaten die Europaratskonvention 108 zum Datenschutz unterzeichnet. Der Daten-schutztag gab den Anlass, um etwa in Berlin das Thema auf einer Podiumsdiskussion mit Innenminister Schäuble (CDU), aber auch dem Datenschutzbeauftragten Schaar zu diskutie-ren. Wie üblich stellte Schäuble das Thema Datenschutz allein in den Kontext von Freiheit und Sicherheit. Dabei geht es gar nicht mehr nur um den Schutz der Daten vor staatlichen, sondern ebenso vor privaten Einrichtungen.



Der Gedanke, durch staatliche Überwachung zunächst ausspioniert und dann als gläserner Bürger "gegängelt" - und mehr - werden zu können, war Motor vieler Datenschutzregelungen weltweit. In den letzten Jahren scheint eine Gewöhnung an immer mehr Überwachung einge-treten zu sein. Nur kurz flackern Diskussionen auf, zuletzt beim Thema Online-Computer-Untersuchungen. Die schlichte Frage, ob es etwas zu verbergen gebe, diskreditiert das Recht auf Privatheit, und setzt Sicherheitsgedanken ohne tiefere Begründung vorne an.

Angst vor privaten Datenkraken?

Heimlich still und leise haben privat organisierte Sammler das Datenruder in die Hand ge-nommen: Payback-Einkaufskarten, RFID-Chips in WM-Tickets, Konsumenten-, Kreditwilligen- und Versichertenprofile. Inzwischen sammeln private Einrichtungen mehr personenbezogene Angaben, als es die Staaten je vermocht haben. Befördert wird dies mit dem Fortschritt der Technik. Niemals zuvor gaben die Menschen aber auch so freiwillig ihre Daten her. Das mag daran liegen, dass die neuen Sammler keine den Staaten vergleichbaren Möglichkeiten ha-ben, Bürgern bzw. Konsumenten zuzusetzen.

Und wer schreit schon nach Datenschutz, wenn es scheinbar keine Nachteile, sondern viel-mehr Rabatte gibt? Doch nicht grundlos geben Unternehmen für die Gewissheit über Ein-kaufsverhalten, Adressdaten u.ä. soviel Geld aus.

Recht auf Datenschutz?



Niemand wird bestreiten, dass ein für den einzelnen Menschen vorgefertigtes informationelles Umfeld Spuren hinterlässt. Natürlich prägen langjähriges Warcraft-Spielen oder fortlaufende Konsumpenetration den Menschen. In kulturell geebneten, vorbestimmten Bahnen, einer Mat-rix quasi, entwickelte Eigenständigkeit wird keinen individuellen Menschen hervorbringen.

Nichts anderes versucht Werbung: Sie treibt Menschen zu Entscheidungen, die sie sonst nicht getroffen hätten. Nunmehr stelle man sich dauerhafte und auf jede einzelne Person konkret zugeschnittene Werbung vor. Hier ist nicht der Gedanke vorrangig, Individualität zu formen. Vielmehr geht es um Absatzförderung, und damit zumeist um Massenproduktion. Neugierde und Unabhängigkeit werden jedoch nur durch ein privates, ungeplantes Umfeld geschaffen. So gesehen ist es eben nicht Sache des Einzelnen wie viel von sich er der "Welt" offenbart?

Die Gesellschaft braucht aufgeklärte, selbstbestimmte Menschen. Konsequenter, durchset-zungsfähiger Datenschutz, auch in Hinblick auf private Einrichtungen, könnte dabei helfen.

Stefan Gelbhaar

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