vorwärts:Mit 30, 40, 50 Leuten anstehen für eine Wohnungsbesichtigung, monatelange erfolglose Suche – Wohnungssuchende haben es schwer in Hamburg. Müssen Mieterhöhungen stärker begrenzt werden?
Michael Sachs: Wir wollen den Mietwucherparagraphen verschärfen und haben dazu eine Bundesratsinitiative gestartet. Wenn jemand unter Ausnutzung einer Knappheitssituation eine Miete nimmt, die mehr als 20 Prozent über dem Oberwert des Mietenspiegels liegt, dann soll der Mietvertrag ungültig sein. Außerdem wollen wir, dass derjenige den Makler bezahlt, der ihn bestellt und nicht automatisch der Mieter.
In einer Bundesratsinitiative fordert der Berliner Senat: Bei Bestandsmieten sollen Mieterhöhungen auf maximal 15 Prozent in vier Jahren begrenzt werden statt 20 Prozent, wie bisher.
Wenn wir Bestandsmieten zu sehr schonen, führt das dazu, dass bei jeder Neuvermietung beim Mietpreis noch mehr draufgeschlagen wird, weil der Vermieter sagt: „Wenn ich die Mieter drin habe, kann ich die Miete ja kaum noch erhöhen.“
Ein weiteres Problem sind Luxussanierungen. Wie kann man dagegen vorgehen?
In Stadtvierteln mit besonders hohen Mietsteigerungen erlassen wir in Hamburg eine Soziale Erhaltungsverordnung. Wo diese Verordnung gilt, muss jede Sanierung und jede Umwandlung in Eigentumswohnungen dem Bezirk gemeldet werden. Der kann ihr zustimmen oder sie ablehnen. Derzeit gilt die Verordnung in drei Stadtvierteln, drei weitere sind in der Prüfung, bis zu 14 sind geplant.
Hamburg hat nur wenige Monate nach der Wahl 2011 ein „Bündnis für das Wohnen in Hamburg“ geschlossen. Mit welchem Ziel?
Ziel des Bündnisses ist, 6000 Wohnungen im Jahr zu bauen. Dazu hat der Senat zusammen mit den Verbänden der Wohnungswirtschaft ein Vertragswerk entworfen. Darin verpflichten sich die Unterzeichner, dazu beizutragen, dass diese 6000 Wohnungen gebaut werden. Ein Drittel der 6000 neuen Wohnungen sollen geförderte Sozialwohnungen mit einer Miete von 5,90 bis 8 Euro sein. 1000 davon baut das kommunale Wohnungsunternehmen SAGA GWG.
Was trägt die Stadt zu diesem Bündnis bei?
Wir verkaufen städtische Flächen im Gegensatz zum CDU-Vorgängersenat nicht zum Höchstpreis. Die Leute sollten bezahlen können, was darauf gebaut wird. Priorität hat dabei die Entwicklung der Innenstadt, also Lagen in oder in der Nähe von begehrten Wohnquartieren. Außerdem wollen wir, dass weiterhin der Bestand energetisch saniert wird. Wir helfen dabei mit sinnvollen Konzepten, damit die Miete bezahlbar bleibt und das typische Stadtbild mit seinen Backsteinbauten erhalten bleibt.
Also keine dicken Dämmplatten auf den Fassaden?
Wir haben die Maßstäblichkeit für das verloren, was wir umweltpolitisch wollen und was sich bestimmte Kreise noch leisten können. Ein Beispiel sind die Arbeiterwohnungen aus den zwanziger Jahren. Die sind preiswert, gut und praktisch. Sie gehören zu den begehrtesten Wohnungen in Hamburg. Wenn wir die mit 14 Zentimeter Wärmedämmplatte sanieren, kann keiner von denen, die im Moment darin wohnen, die Miete mehr bezahlen.
Wie viele Sozialwohnungen gibt es noch in Hamburg?
Wir hatten mal 260 000. Jetzt sind es um die 100 000. Die großen Bestände stammen aus den sechziger, siebziger und achtziger Jahren. Das waren Jahrgänge mit teilweise 18 000 Wohnungen. Die fallen in kurzem Abstand aus der Sozialbindung heraus, weil die geförderten Kredite abbezahlt sind. Gegen diesen Schwund können wir nicht anbauen. Aber nach 30 Jahren ist meist eine Modernisierung nötig. Dafür gibt die Stadt Fördergelder und verlängert auf diese Weise Sozialbindungen, wenn die Eigentümer es wollen.
Für Vermieter lohnt sich der Bau von Sozialwohnungen nicht. Die Kreditzinsen sind so niedrig, dass Investoren nicht auf Fördergelder angewiesen sind. Außerdem können sie auf dem freien Wohnungsmarkt höhere Mieten verlangen. Wie setzt Hamburg den Bau von Sozialwohnungen durch?
Die meisten Bauherren wollen nicht exakt das, was im Bebauungsplan ausgewiesen ist. Sie wollen mehr bauen oder dichter an die Grundstücksgrenzen. Überall da, wo wir als Stadt einen Genehmigungsvorbehalt haben, fordern wir bei Bauvorhaben von mehr als 30 Wohnungen ein Drittel Sozialwohnungen ein. Das hat außerdem den Vorteil, dass die Wohnungen nicht in Sozialghettos entstehen, wie das früher der Fall war, sondern verteilt über die ganze Stadt, von Blankenese bis Bergedorf.
Hamburg verschärft auch sein Wohnraumschutzgesetz. Mit welchem Ziel?
Wir wollen unberechtigte Leerstände verhindern. Eigentümer müssen dem Bezirksamt melden, wenn sie ein Haus oder eine Wohnung länger als drei Monate leer stehen lassen. Gibt es gute Gründe, z.B. eine Sanierung, ist dagegen nichts einzuwenden. Aber wenn das Haus erst in drei Jahren saniert werden soll, können wir eine Zwischenvermietung verlangen. Außerdem gehen wir gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum vor. Wenn jemand eine Wohnung zu über 50 Prozent gewerblich nutzen will, kann der Bezirk das in einem reinen Wohngebiet untersagen. Darüber hinaus gehen wir gegen die illegale Vermietung von Wohnungen als Ferienwohnungen vor. Das ist zum Beispiel ein Hotelbetrieb. Oder Zweckentfremdung von Wohnraum. So etwas lassen wir nicht zu.