Die Angst vor der Arbeitswelt von morgen
Digitale Revolution am Arbeitsplatz: Über das Internet kommunizieren Maschinen mit Maschinen und übernehmen immer öfter Aufgaben, die früher von Menschen gemacht wurden. So schnell sich die Prozesse verändern, so schnell verändert sich die Arbeitswelt. Die sogenannte „Industrie 4.0“ bereitet vielen Angestellten deswegen Sorge. Zu diesem Ergebnis kommt eine Mitgliederbefragung der IG Metall, die vor der Bundestagswahl die Erwartungen an die Politik darstellen will.
Bildung unabhängig von der Herkunft
In der Arbeitswelt von morgen wünschen sich mehr als 93 Prozent der Menschen berufliche Perspektiven und Sicherheit. Dieses Anliegen ist bei Menschen mit Ausbildung (97 Prozent) am größten, am geringsten bei Beschäftigten mit Hochschulabschluss (88 Prozent). „Die Industrie 4.0 ist keine Zukunftsfiktion, sie wird von den Beschäftigten real in den Betrieben erlebt“, sagt Jörg Hofmann, Vorsitzender der IG Metall. „Die Menschen wollen wissen, wie ihre berufliche Zukunft aussieht.“ Im Vergleich zur Umfrage vor der Bundestagswahl 2013 hat das Thema laut Hofmann an Bedeutung gewonnen, die Digitalisierung sei der „Shootingstar“.
Handlungsbedarf sieht eine Mehrheit der Befragten auch hinsichtlich Bildung. 93 Prozent unterstützen ein Recht auf Weiterbildung sowie eine Bildungspolitik, bei der die soziale Herkunft keine Rolle spielt. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt. Zwei Drittel der Teilnehmer stimmen dem zu. „Zur Wahrheit gehört allerdings auch, das jene, die selbst um ihren Job fürchten, in dieser Frage zurückhaltender sind“, sagt Hofmann.
Private Rentenvorsorge reicht nicht
Ein weiteres Ergebnis der IG-Metall-Befragung: Viele Menschen fürchten sich vor Arbeitslosigkeit und den Konsequenzen. Acht von zehn Befragten unterstützen die Aussage, dass Arbeitslosigkeit nicht zu einem sozialen Abstieg führen dürfe und dass das Arbeitslosengeld länger gezahlt werden solle. „Angesichts der guten Konjunktur stimmen überraschend viele Menschen zu“, sagt Hofmann. Der Gewerkschaftsvorsitzende begrüßt in diesem Zusammenhang den SPD-Vorschlag nach einem ALG Q. In der Umfrage sind sich außerdem neun von zehn Befragten einig, dass eine Beschäftigung die eigene Existenz sichern muss. Gleichzeitig sprechen sie sich dafür aus, dass sachgrundlose Befristung, Minijobs und prekäre Soloselbstständigkeit abgeschafft werden sollen. Weitere Ergebnisse der Umfrage:
Thema Rente: Nur jeder Zweite geht davon aus, die eigene Tätigkeit bis zum Rentenalter von 67 Jahren ausüben zu können. Bei Menschen, die im Schichtdienst tätig sind, ist es sogar nur jeder Dritte. Umso höher wird die Relevanz der Rente eingeschätzt. 95 Prozent wollen, dass das Rentenniveau stabilisiert und erhöht wird, selbst wenn die Beiträge dadurch steigen sollten. Immerhin 87 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die private Vorsorge die Absenkung des Rentenniveaus nicht ausgleichen kann. Entsprechend groß ist die Zustimmung zu einer arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Vorsorge (73 Prozent).
Mehr als 680.000 Menschen befragt
Thema Arbeitszeit: 96 Prozent wünschen sich ein Gesetz, das der Arbeitszeit Grenzen setzt. Damit verbunden ist auch ein Recht auf Abschalten. Zustimmung gibt es auch für ein Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit (90 Prozent) sowie einen Entgeltausgleich für Menschen, die weniger arbeiten, um beispielsweise ihre Kinder erziehen zu können (84 Prozent).
Thema Gerechtigkeit: Eine Mehrheit der Beschäftigten spricht sich für einen Anspruch auf Tarifverträge (91 Prozent), gleiches Einkommen für Mann und Frau (90) sowie eine höhere Besteuerung höherer Einkommen (77) aus.
Die Beschäftigtenbefragung ist laut IG Metall die größte ihrer Art in Deutschland. Zwischen Mitte Januar und Ende Februar 2017 nahmen 681.241 Menschen in rund 7000 Betrieben daran teil. Das waren rund 170.000 Menschen mehr als bei der Umfrage 2013. Knapp 40 Prozent der Teilnehmer in diesem Jahr waren Nicht-Mitglieder.