DGB: Lob für die Regierung, Forderung nach mehr Tarifverträgen
picture alliance/dpa
Ein Jahr zuvor hatte Reiner Hoffmann während der Jahresauftaktpressekonferenz des DGB noch für eine Große Koalition geworben. Insofern konsequent, dass der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes ein Jahr später an gleicher Stelle Lob für die Bundesregierung verteilt. Die Schwarz-Rote Koalition habe wichtige Themen durchsetzen können. Beispielhaft dafür nennt Hoffmann die Stabilisierung des Rentenniveaus bis 2025, das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit und die Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung der Krankenkassenbeiträge.
Tarifverträge als öffentliches Gut
„Wir unterstützen Hubert Heils Forderung nach einer Bundestariftreue“, sagt Hoffmann und fordert zugleich die Arbeitgeber auf, ihren Beitrag zu leisten, um der rückläufigen Tarifbindung entgegenzuwirken. „Arbeit muss gute Arbeit sein. Um dies zu gewährleisten, brauchen wir starken Gewerkschaften und eine hohe Tarifbindung.“ Während 1998 noch 53 Prozent der Betriebe in Ostdeutschland tarifgebunden waren, sind es heute lediglich 27 Prozent. Hoffmann lobt die Sozialpartnerschaft in Deutschland als Erfolgsmodell: „Sie ist der Garant für gute Arbeitsbedingungen, für die Teilhabe von Beschäftigten und für sichere Arbeitsverhältnisse.“
Hoffmann sagt, es gelte Tarifverträge als „öffentliches Gut“ zu schützen. Dafür brauche es erstens eine Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeitsregelungen. Derzeit gelten diese Regelungen für weniger als ein Prozent der Tarifverträge. Zweitens sei es „höchste Zeit für ein Bundesvergabegesetz“, damit öffentliche Aufträge beispielsweise nur noch an Unternehmen mit Tarifbindung vergeben werden. Darüber hinaus sollten Tarifverträge hinsichtlich ihrer Nachwirkungen ausgeweitet werden, sodass diese ihre Gültigkeit behalten, bis ein neuer Abschluss erfolgt ist.
Körzell für gerechten Strukturwandel
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell fordert die Bundesregierung dazu auf, genügend Geld für den bevorstehenden Kohleausstieg bereitzustellen. Die Bundesregierung müsse Farbe bekennen, um einen gerechten Strukturwandel zu schaffen. „Wir wollen einen Kompromiss, der gute Arbeit, Klimaschutz und gerechten Strukturwandel zusammenbringt“, sagt Körzell, der Mitglied in der Strukturwandelkommission ist.
Gleichzeitig erteilt Körzell Vorschläge, den Solidaritätszuschlag vollständig abzuschaffen und Unternehmenssteuern senken zu wollen, eine Absage: „Das würde die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vergrößern.“ Stattdessen müssten kleine und mittlere Einkommen steuerlich entlastet werden, fordert Körzell. Zusätzlich brauche es massive öffentliche Investitionen in die Infrastruktur. Denn der Investitionsstau belaufe sich inzwischen bereits auf eine Summe in dreistelliger Milliardenhöhe.
Klare Haltung gegen Rechts
Annelie Buntenbach, Mitglied des geschäftsführenden Bundesvorstands, sagt im Hinblick auf die in diesem Jahr bevorstehenden Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern: „Wir Gewerkschafter treten dem Versuch, den gesellschaftlichen Zusammenhalt durch Rassismus und Rechtspopulismus zu gefährden, mit klarer Haltung von Weltoffenheit demokratischem Engagement und Solidarität entgegen.“ Die AfD sei nicht die Partei der kleinen Leute. „Es gibt starke Strömungen in der Partei, die Sozialleistungen auf ein Minimum reduzieren wollen.“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo